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Besuch bei der Bundesagentur

Chefeinkäufer der BA sieht keinen Anlass zur Änderung der Vergabepraxis bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen

Der Termin weckte hohe Erwartungen: Am 28. März fuhren VertreterInnen der ver.di AG Weiterbildung zum Chefeinkäufer der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ziel des Gesprächs mit Norbert Köngeter war es, auf die Missstände hinzuweisen, die durch die Vergabepolitik der BA bei den Arbeitsbedingungen entstehen – und Abhilfe einzufordern.

Beide Seiten teilten die Einschätzung, dass eine hohe Qualität der Kurse nur mit qualifiziertem und anständig bezahltem Personal zu erreichen ist: Der Mindestlohn markiert lediglich eine untere Grenze und kann nicht der Standardlohn sein. Konsens bestand auch darüber, dass langfristige Geschäftsbeziehungen zwischen der BA und den Trägern für die Betreuungskontinuität wünschenswert sind. Köngeter versicherte, dass er starke Arbeitnehmervertretungen grundsätzlich begrüßt, weil sich gute Arbeitsbedingungen positiv auf die Durchführung der Maßnahmen auswirken.

Kontroverser waren dagegen die Meinungen, ob die gegenwärtige Vergabepraxis die wünschenswerten Bedingungen fördert oder erschwert. Nach wie vor schreibt die BA die Maßnahmen im SGB II/SGB III-Bereich öffentlich aus. In den Vergabeunterlagen legt sie Rahmenbedingungen wie Personalschlüssel oder Wochenarbeitszeiten fest. Im Jugendlichen-Reha-Bereich werden Leistungsvereinbarungen mit den 52 Reha-Einrichtungen zu bestimmten Kostensätzen abgeschlossen, die ebenfalls unmittelbare Rückwirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben. Die Arbeitgeber sind bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen beteiligt: Ihre VertreterInnen treffen sich regelmäßig mit BA-Verantwortlichen. Dabei verabredeten sie beispielsweise die seit 2013 bestehende Pflicht zu so genannten „Freizeitfahrten“ bei Maßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene.

Die ver.dianerInnen fragten Norbert Köngeter, ob bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen künftig nicht auch ArbeitnehmervertreterInnen einbezogen werden könnten; im BA-Verwaltungsrat herrsche ja schließlich auch Drittelparität. Der Chefeinkäufer äußerte sich zwar interessiert an Vorschlägen für konkrete Maß nahmen, sah aber keine Möglichkeit, bei diesen Fragen das Drei-Bänke-System nachzubilden. Aus seiner Sicht sind die Arbeitgeber die Verhandlungspartner, weil mit ihnen die Verträge geschlossen werden.

Auch einige akute Probleme bei den Arbeitsbedingungen hatte die ver.di-Delegation im Gepäck. Ein wichtiger Punkt war erneut das Thema Freizeitfahrten. Die BA hat dafür in der diesjährigen Ausschreibungsrunde den Personaleinsatzschlüssel auf mindestens 1:12 festgelegt. Bei Reisen mit Minderjährigen besteht jedoch eine Aufsichtspflicht rund um die Uhr, die eine Einzelperson nicht erfüllen kann – auch weil sie sonst gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen würde. Somit müssten für eine zwölfköpfige Gruppe mindestens zwei, für größere Kurse sogar vier Begleitpersonen eingesetzt werden. Das aber widerspricht der Erfahrung. Dennoch sah Köngeter keine Notwendigkeit, die Leistungsbeschreibung zu verändern: Gesetzestreue sei eine Grundvoraussetzung für die Beteiligung an BA-Ausschreibungen.

Auch die hohen Quoten befristeter Beschäftigung brachten die GewerkschafterInnen auf den Tisch. Köngeter plädierte zwar für den Einsatz von Festangestellten, hält aber auch hier die BA-Anforderungen für ausreichend: Über die Dauer der Maßnahme ist das Personal fest anzustellen, so die Vorgabe. Die ver.dianerInnen entschieden, die Gespäche fortzusetzen: Steter Tropfen höhlt den Stein.


Von Maren Kaltschmidt und Walter Lochmann

Quelle: biwifo-report 2/2014 des Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung in ver.di


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Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 23.07.2014