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Das Frankfurter Netzwerk der sozialen Arbeit wächst

Betriebsräte der sozialen Vereine machen mobil gegen Tarifflucht

Die Betriebsräte der sozialen Vereine in Frankfurt haben sich am 17. Januar 2012 erstmals zu einer gemeinsamen Betriebsratssitzung getroffen. An dieser Sitzung nahmen 80 Betriebsratsmitglieder aus 13 Betrieben (Aufzählung siehe unten) mit rund 4000 Beschäftigten teil.

Der Grund ist das weitverbreitete Lohndumping bei den Vereinen, die im Auftrag der Stadt soziale Dienste erbringen. Beim Club Behinderter und ihrer Freunde (CeBeeF) werden zum Beispiel Löhne bis zu 40% unter Tarif bezahlt.

Die Praunheimer Werkstätten und das Sozialwerk Main-Taunus wenden den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) an, wie auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in ihrem Frankfurter Kreisverband und im Bezirk Hessen-Süd.

Die Betriebsräte berichteten, dass alle anderen genannten Betriebe den Flächentarifvertrag (TVöD) deutlich unterschreiten: Entweder besteht gar keine Tarifbindung oder der Tarifvertrag wird durch Ausgründungen und Leiharbeit unterlaufen.

Die Betriebsräte haben beschlossen, zukünftig eng zusammenzuarbeiten, um die Öffentlichkeit über das Lohndumping aufzuklären und die Durchsetzung von Tarifverträgen zu fördern.

In dieser gemeinsamen Sache wollen sie die Beschäftigten weiterer sozialer Vereine einbeziehen.

Ver.di-Sekretär Andreas Heymann erklärt dazu:
„Die Stadt trägt die Verantwortung für die Vergabe von Aufträgen in der sozialen Arbeit. Dafür setzt sie öffentliche Mittel ein. Auch wenn sie diese Arbeit Vereinen überträgt, ist sie deren Beschäftigten immer noch den gleichen Lohn für ihre Arbeit schuldig wie ihn städtische Beschäftigte erhalten. Es kann nicht sein, dass die Stadt mit Steuermitteln Lohndumping betreibt. Die Beschäftigten werden sich diese Ungerechtigkeit nicht länger gefallen lassen!“

Verwundert hat die Betriebsräte die Aussage der Bürgermeisterin Jutta Ebeling (Grüne) beim DGB-Neujahrsempfang, dass die sozialen Vereine genug Mittel von der Stadt erhalten, um Tariflöhne zu zahlen. Denn die Sozialdezernentin Prof. Dr. Daniela Birkenfeld (CDU) hatte bereits im November letzten Jahres in der Stadtverordnetenversammlung erklärt, dass nicht alle Vereine mit Tariflohn kalkuliert sind.

Der Hintergrund des Lohndumpings ist, dass das Sozialamt bei der Auftragsvergabe an billigere Anbieter regelmäßig beide Augen zudrückt, wenn es um die wirtschaftliche Betriebsführung geht.

Diese Praxis des Sozialamts gibt reichlich Gelegenheit zur Zweckentfremdung der öffentlichen Mittel durch die jeweiligen Geschäftsführungen der Vereine.

Diese äußerst großzügige Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Anbieter mit Billiglöhnen hat zu einer Abwärtsspirale bei der Bezahlung der Beschäftigten geführt. Das wollen die Beschäftigten sich nicht mehr länger gefallen lassen.

Durch Wegschauen verursacht der Magistrat selbst, dass öffentliche Mittel, die für Löhne bestimmt sind, für andere Zwecke verwendet werden. Da hilft es auch nicht weiter, dass sich führende Vertreterinnen und Vertreter der Magistratsfraktionen regelmäßig darüber beklagen, seit die Beschäftigten der Stadt Lohndumping vorwerfen.

Ebenso wenig hilft das fortdauernde Hin- und Herschieben der Verantwortung für die untertarifliche Bezahlung zwischen Stadt und Geschäftsführungen.

Das Frankfurter Netzwerk der sozialen Arbeit hat seit September 2011 bereits mit zahlreichen Aktionen nachdrücklich klargemacht, dass es keine Ruhe bei diesem Thema geben wird, bevor die Stadt ihrem Tariftreuebeschluss nachkommt und Tariflöhne wieder zum Standard macht.

An der gemeinsamen Betriebsratssitzung nahmen die Betriebsräte der folgenden Betriebe teil:
Aids-Hilfe Frankfurt, ASB-Lehrerkooperative, Club Behinderter und ihrer Freunde (CeBeeF) e.V. und CeBeeF Fahrdienst GmbH, Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe e.V., Internationaler Bund Hessen, Internationales Familienzentrum (IFZ), Jugendberatung und Jugendhilfe, KOMM Ambulante Dienste, Praunheimer Werkstätten, Sozialwerk Main-Taunus, Verein für Arbeits-und Erziehungshilfe e.V. und gGmbH, Werkstatt Frankfurt e.V.

Die meisten dieser Betriebsräte gehören wie auch der Fachbereich Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen der Vereinten Dienstleistungs-gewerkschaft (ver.di), der ver.di-Arbeitskreis Soziale Vereine und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dem Frankfurter Netzwerk der sozialen Arbeit an. Das Frankfurter Netzwerk der sozialen Arbeit fordert Tarifverträge mindestens auf dem Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD), eine Tariftreueregelung (d.h. öffentliche Aufträge werden nur an Betriebe vergeben, die Tariflöhne zahlen) und wirtschaftliche Transparenz für die Beschäftigten durch Wirtschaftsausschüsse.


Pressemitteilung des ver.di Bezirks Frankfurt am Main und Region vom 18. Januar 2012


Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 23.01.2012