Lebenslanges Lernen

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Durchlässigkeit des Bildungssystems

Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung im Deutschen Qualifikationsrahmen

Im März 2011 hat der von Bund und Ländern einberufene Arbeitskreis DQR einen überarbeiteten Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) vorgelegt. Auf dieser Grundlage wird seither im Arbeitskreis DQR sowie fachöffentlich über die Einstufung konkreter Abschlüsse auf den acht vorgesehenen Niveaus des Qualifikationsrahmens diskutiert. Eine besondere Rolle spielt in dieser Debatte das Verhältnis beruflicher und akademischer Abschlüsse zueinander.

Am 21. Oktober 2011 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) sich dafür ausgesprochen, das Abitur auf der Stufe 5, dreijährige Berufsabschlüsse dagegen in der Regel auf der Stufe 4 des DQR einzuordnen. Sowohl der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), als auch der Zentralverband des deutschen Handwerks e.V. (ZDH) drohten wegen der höheren Einstufung der allgemeinen Hochschulreife gegenüber den traditionellen Berufsabschlüssen eine Aufkündigung der Zusammenarbeit zur Entwicklung des Qualifikationsrahmens an (vgl. dpa-Meldung vom 21. Oktober 2011).


Frage 1. Teilt die Bundesregierung die durch den Beschluss vom 21. Oktober 2011 formulierte Position der KMK, dass das Abitur auf der Stufe 5, dreijährige Berufsabschlüsse dagegen in der Regel auf der Stufe 4 des DQR einzuordnen sind?

Antwort der Bundesregierung

Die Bundesregierung teilt diese Position nicht.


Frage 2. Wie bewertet die Bundesregierung den betreffenden Beschluss der KMK im Hinblick auf die hohe Bedeutung einer Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflichen und akademischen Bildungswegen?

Antwort der Bundesregierung

Mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR), der am 22. März 2011 vom Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DQR) verabschiedet wurde, wurde erstmals ein umfassender, bildungsbereichsübergreifender Rahmen zur Einordnung der Qualifikationen des deutschen Bildungssystems vorgelegt. Als nationale Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) berücksichtigt der DQR die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems und trägt zur angemessenen Bewertung und zur Vergleichbarkeit deutscher Qualifikationen in Europa bei. Der DQR zielt darauf ab, Gleichwertigkeiten und Unterschiede von Qualifikationen transparenter zu machen und auf diese Weise Durchlässigkeit zu unterstützen.

Der DQR kann somit die angestrebte Durchlässigkeit zwischen beruflichen und akademischen Bildungswegen unterstützen, sie jedoch nicht unmittelbar verbessern, da die Zuordnung der Qualifikationen des deutschen Bildungswesens zu den Niveaus des DQR das bestehende System der Zugangsberechtigungen nicht ersetzt.

Das im Rahmen der Erarbeitung des DQR vorhandene Bestreben um eine Beförderung der Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung dokumentiert sich jedoch in der gleichwertigen Zuordnung von Bachelor und Meister auf Niveau 6 des DQR.


Frage 3. Inwieweit kann es weiterhin als sinnvoller Bildungsweg angesehen werden, im Anschluss an das Abitur eine Berufsausbildung zu absolvieren, wenn hiermit für die betreffenden Personen innerhalb des DQR künftig ein Rückschritt von der Stufe 5 auf die Stufe 4 verbunden sein soll?

Antwort der Bundesregierung

Die acht Niveaus des DQR beschreiben jeweils die Kompetenzen, die für die Erlangung einer Qualifikation in der allgemeinen, beruflichen und hochschulischen Bildung in Deutschland erforderlich sind. Diese bilden jedoch nicht individuelle Lern- und Berufsbiografien ab. Doppel- oder Mehrfachqualifikationen in einer Bildungsbiographie werden durch den DQR nicht abgebildet.


Frage 4. Welche Berufsabschlüsse würden bei einer Umsetzung der betreffenden Beschlussfassung der KMK, welche eine Einstufung der allgemeinen Hochschulreife, der fachgebundenen Hochschulreife sowie „entsprechender Berufsabschlüsse“ auf Stufe 5 des Qualifikationsrahmens fordert, auf der Stufe 5 des Qualifikationsrahmens eingeordnet werden, bzw. anhand welcher Kriterien sollte dies nach Auffassung der Bundesregierung entschieden werden?

Antwort der Bundesregierung

Zur Frage der Zuordnung von konkreten Berufsabschlüssen entsprechend dem KMK-Beschluss liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Kriterien für die Zuordnung der Qualifikationen zu den Niveaus des DQR sind aus Sicht der Bundesregierung die fachlichen Definitionen der DQR-Niveaus („Deskriptoren“) entsprechend der vom Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DQR) am 22. März 2011 verabschiedeten DQR-Matrix (siehe: www.deutscherqualifikationsrahmen.de).



Frage 9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass in Analogie zu den von der KMK in ihrem Beschluss „Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung“ vom 6. März 2009 formulierten Voraussetzungen zur Erlangung einer fachgebundenen Hochschulzugangsberechtigung eine Einstufung auf der Stufe 5 des DQR auch für berufliche Qualifizierte (spätestens) nach einer dreijährigen Berufspraxis erfolgen muss?

Antwort der Bundesregierung

Nein, da die Zuordnung der Qualifikationen des deutschen Bildungswesens zu den Niveaus des DQR das bestehende System der Zugangsberechtigungen nicht ersetzt.


Frage 10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass alle Meisterabschlüsse auf der Stufe 6 des DQR eingeordnet werden sollten, unabhängig davon, ob die ihnen vorangegangene Berufsausbildung im Sinne des Beschlusses der KMK vom 21. Oktober 2011 auf der Stufe 4 oder auf der Stufe 5 des DQR eingeordnet werden würde?

Antwort der Bundesregierung

Ja, denn die Zuordnung der beruflichen Fort- bzw. Weiterbildungsabschlüsse „Meister“ und „Techniker“ erfolgt ebenso wie die Zuordnung der Bachelorabschlüsse auf Niveau 6 des DQR anhand der fachlichen Definitionen des Niveaus 6 („Deskriptoren“) der DQR-Matrix.



Frage 17. Liegt die Hauptverantwortung für die Entwicklung des DQR im Rahmen des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) sowie für die Einstufung verschiedener Abschlüsse in den Qualifikationsrahmen im föderalen System nach Auffassung der Bundesregierung bei den Ländern oder beim Bund?

Antwort der Bundesregierung

Auf der Grundlage der gemeinsamen Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rats zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) vom 23. April 2008 haben sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung(BMBF) und die Kultusministerkonferenz (KMK) darauf verständigt, gemeinsam und unter Einbindung relevanter Akteure einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) zu entwickeln. Sie haben eine gemeinsame „Bund-Länder-Koordinierungsgruppe Deutscher Qualifikationsrahmen„ (B-L-KG DQR) zur Koordinierung des DQR-Prozesses eingesetzt. Unter dem gemeinsamen Vorsitz von Bundesministerium für Bildung und Forschung und KMK wurde zur Entwicklung des DQR der Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DQR) gegründet, dem Akteure aus der Allgemeinbildung, der Hochschulbildung und der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie Sozialpartner und Experten aus Wissenschaft und Praxis angehören.



Frage 20. Strebt die Bundesregierung eine gleichberechtigte Einbeziehung der Lernergebnisse nonformalen und informellen Lernens in die Einstufungen in den DQR an, und wenn ja, wie ist der Stand diesbezüglicher Debatten und Vorarbeiten, und wann sollen entsprechende Vorschläge vorgelegt werden?

Antwort der Bundesregierung

Wie der EQR soll auch der DQR zur Brückenbildung zwischen formalem, nichtformalem und informellem Lernen beitragen und die Validierung von durch Erfahrungen erlangten Lernergebnissen fördern. Zur Erarbeitung von Empfehlungen, nach welchen Kriterien nichtformales und informelles Lernen an den DQR Anschluss finden kann, wurden im Juni 2011 zwei Arbeitsgruppen gebildet. Unter Beteiligung insbesondere der Hauptakteure der Fort- und Weiterbildung sowie der Sozialpartner sollen Empfehlungen für mögliche Verfahrenswege und Strategien zur Einbeziehung nichtformalen und informellen Lernens in den DQR erarbeitet werden. Die Empfehlungen der beiden Arbeitsgruppen werden in den DQR-Gremien beraten werden.


Frage 21. Welche Institution(en) soll(en) nach Auffassung der Bundesregierung in der Umsetzung des DQR die Einstufung konkreter Ausbildungsgänge bzw. konkreter Qualifikationen von Einzelpersonen in die Niveaus des DQR vornehmen?

Antwort der Bundesregierung

Der DQR bildet keine individuellen Bildungs- oder Berufsbiographien ab, sondern Qualifikationen. Ein Vorschlag für das Zuordnungsverfahren, der die Zuständigkeiten im Bildungssystem berücksichtigt und dabei Einheitlichkeit und Qualitätssicherung gewährleistet, wird derzeit von den an der DQR-Entwicklung beteiligten Akteuren erarbeitet.


Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdrucksache 17/7923


Weitere Informationen zum DQR finden Sie bei uns unter dem Stichwort „Deutscher Qualifikationsrahmen“.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Lebenslanges Lernen, Deutscher Qualifikationsrahmen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 07.12.2011