Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Was macht eigentlich der Beirat in einem Jobcenter?

Lieber Werner, du bist für ver.di Mitglied im Beirat des Jobcenters in der Grafschaft Bentheim. Welche Aufgaben hat der Beirat im Jobcenter?


Werner Heiduczek: Aufgabe der Beiräte ist seit 2006 die Beratung der Jobcenter bei der Auswahl und Gestaltung der Eingliederungsinstrumente und -maßnahmen. Hier geht es lei-der nicht darum, Entscheidungen mit den Jobcentern zu treffen. Zu beachten ist, dass der Beirat nicht bei der Umsetzung des SGB II generell mitwirken kann, sondern nur als Arbeitsmarktbeirat zum örtlichen Arbeitsmarktprogramm und zur Bildungsziel- und Maßnahmeplanung unter Berücksichtigung der vorhandenen Haushaltsmittel beraten kann.

Im Zuge der Reform der Jobcenter 2011, sind gem. § 18 d SGB II örtliche Beiräte verpflichtend einzurichten. Die „neuen“ Beiräte müssen sowohl bei den Optionskommunen als auch bei den Argen eingerichtet werden und sollen sich eine Geschäftsordnung geben.

Mitglieder des Beirates sind Beteiligte des örtlichen Arbeitsmarktes, insbesondere Träger der Freien Wohlfahrtspflege, VertreterInnen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Kammern und berufsständischen Organisationen.

Ausgeschlossen von der Mitarbeit im Beirat sind VertreterInnen von Beteiligten des örtlichen Arbeitsmarktes, die selbst Eingliederungsleistungen nach dem SGB II anbieten.

Habt ihr Möglichkeiten, von Seiten des Beirats die Verwendung der Gelder der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu beeinflussen?

Werner Heiduczek: Die Planungen der jährlichen Arbeitsmarktprogramme beginnen im Herbst des Vorjahres und werden im Frühjahr des laufenden Jahres konkretisiert. Wichtig ist es, aktuelle Entwicklungen des Bundes, Landes aber auch der europäischen Ebene im Blick zu behalten. So können z. B. Ausschreibungen des Bundes-ESF eine Planungsanpassung not-wendig machen. Durch die Mitarbeit im Beirat besteht die Möglichkeit, die Erfahrungen der frei-en Träger einzubringen und wichtige Themen zu benennen. Dadurch ist es u. a. möglich, die Jobcenter zu Jahresplanungen oder unterjährig zu aktuellen Entwicklungen zu beraten.

Beeinflussen kann man bei der fachlichen Mitarbeit im Beirat aber auch die Schwerpunkte der Förderungen. Ganz aktuell sind durch Beirat in der Grafschaft die Angebote zur Förderung von Jugendlichen erhöht worden. Die Arbeitsmarktförderung der Grundsicherungsstellen ist jetzt da-rauf ausgerichtet, Jugendliche ohne Berufsabschluss zu motivieren und falls notwendig auch längerfristig zu fördern, damit diese einen Einstieg in eine Berufsausbildung schaffen und darin bestehen können. Dafür muss in den Regionen ein ausreichendes Angebot an berufsvorberei-tenden und ausbildungsbegleitenden Fördermaßnahmen bereitstehen.

2011 hat die Bundesregierung die Mittel für die Jobcenter im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik um fast 25 % gekürzt. Welche Auswirkungen hatte das bei euch in der Grafschaft?

Werner Heiduczek: Durch die Kürzungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik fehlten im Haushalt 2011 fast genau 1.000.000 € für Eingliederungsleistungen wie Qualifizie-rungs-und Fördermaßnahmen und ca. 400.000 € bei den Verwaltungsausgaben. Bereits be-gonnene Maßnahmen werden weitergeführt und abgeschlossen. Förderungen nach § 16 SGB II werden stark eingeschränkt und die Vergabe von MAE’s (Arbeitsgelegenheiten in der Mehrauf-wandsvariante) ist um fast die Hälfte zurückgegangen.

Eine letzte Frage. Die 1-Euro-Jobs waren in Mode. Jetzt sollen sie eingeschränkt werden, da sie reguläre Arbeitsplätze vernichten. Welche Politik fährt das Jobcenter in der Grafschaft denn bei den 1-Euro-Jobs?

Werner Heiduczek: An öffentlich geförderten Arbeitsgelegenheiten in der Mehrauf-wandsvariante, sogenannte 1-Euro-Jobs, wurden in der Grafschaft 526 AGH-Plätze vorgehal-ten. Ca. 1.200 Personen nahmen jährlich an einer AGH teil. Für die AGH‘s wendete das Grafschafter Jobcenter rund 1.700.000 Euro jährlich auf. Das entsprach einem Anteil von 34% des Eingliederungsbudgets.

Auch aufgrund der Kürzungen bei den Eingliederungsleistungen wurde die Zahlung einer Trägepauschale an die Träger ab Oktober 2010 eingestellt. Die bisher separat gezahlten Fahrt-kosten sind ab dem 01.01.2011 pauschaliert in der MAE enthalten. Allein dadurch verringerte sich die Nachfrage an 1-Euro-Jobs seitens der Träger deutlich. Die Vergabe von 1-Euro-Jobs verringert sich auch durch die Teilnahme des Grafschafter Jobcenter an dem Bundesprogramm „Bürgerarbeit“. Für dieses drei Jahre andauernde Beschäftigungsprogramm sind rund 1,3 Mr. Euro in der Finanzplanung 2011 bis 2014 veranschlagt. Hiervon entfallen auf den Bundeshaus-halt knapp 700 Mio. Euro und auf den Europäischen Sozialfonds rund 600 Mio. Euro.
Für diese Maßnahmen gelten auch die Kriterien der Zusätzlichkeit, des öffentlichen Interesses und der Wettbewerbsneutralität. Bei der Vergabe von Bürgerarbeitsplätzen hat der Beirat ein Vetorecht.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 25.10.2011