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Beschäftigte beim Internationalen Bund wehren sich gegen Fristverträge

Der Internationale Bund

Der Internationale Bund (IB) ist mit seinem Verein und seinen Gesellschaften einer der gro-ßen Anbieter der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland. Mehr als 9.000 fest angestellte Beschäftigte sowie einige Tausend Honorarkräfte unterstützen in 700 Einrichtun-gen an 300 Orten jährlich über 350.000 Jugendliche und Erwachsene.

Einsparungen bei der beruflichen Bildung

Durch die Einsparungen im Bereich der Beruflichen Bildung und die Vergabepraxis der Bun-desagentur für Arbeit für Maßnahmen der beruflichen Bildung (Berufsvorbereitung für Ju-gend¬liche, Ausbildung, Weiterbildung, Trainingsmaßnahmen für Arbeitslose etc.) ist unter den Anbietern dieser Maßnahmen ein gnadenloser Wettbewerb entstanden. Den Zuschlag erhalten in der Regel Bewerber mit dem preisgünstigsten Angebot. Die Träger wiederum versuchen die sinkenden Preise bei den Personalkosten einzusparen. Das bedeutet für die Beschäftigten: Outsourcing, um Tarifverträge zu umgehen, zunehmende Prekarisierung (Ho-norarkräfte, Fristverträge, Leiharbeit, unfreiwillige Teilzeitarbeit, vermehrter Einsatz von Prak-tikanten/innen und Ehrenamtlichen).

Wie bei anderen Trägern auch haben sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten beim IB in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Etwa 2.700 Arbeitsplätze wurden in diverse GmbHs ausgelagert.

Fristverträge nehmen zu

Befristete Arbeitsverhältnisse sind heute eher die Regel als die Ausnahme. An Wissen-schaftseinrichtungen, im sozialen Bereich und bei privaten Bildungsträgern sind Befristungen der Normalfall. Für die Arbeitnehmer/innen bedeutet der Vertrag auf Zeit eine erhebliche Un-sicherheit. 2,7 Mio. Beschäftigte waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2008 befristet. Das sind 8,9 % aller Arbeitnehmer/innen. 47 % der Neueinstellungen sind befristet (1. Halbjahr 2009, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung)

Durch das „Teilzeit- und Befristungsgesetz“ werden die sozialen Errungenschaften im Ar-beitnehmerschutz eingeschränkt wie z.B. der Kündigungsschutz, der Schutz der Familie, der Mutterschutz sowie die Rechte der Schwerbehinderten.

Berufsanfänger/innen müssen oft mehrere Befristungen hintereinander in Kauf nehmen. Ge-lingt nicht irgendwann der Sprung in ein festes Arbeitsverhältnis, dann wird daraus schnell ein Dauerzustand. Statt dem erhofften „Klebeeffekt“ werden die Betroffenen zu „Wanderar-beitern/innen“ von einer befristeten Stelle zur nächsten, denen die Gefahr des sozialen Ab-stiegs und der Arbeitslosigkeit stets im Nacken sitzt.

IB-Beschäftigte machen Kampagne gegen Fristverträge

Eine hohe Quote von Fristverträgen ist in allen Unternehmen und Betrieben des IB-Konzerns zu verzeichnen. Nahezu 100 % aller Neueinstellungen werden befristet. Im gesamten IB-Konzern liegt die Befristungsquote bei 32 %, in einzelnen Betrieben bei bis zu 70 %.

Der Konzernbetriebsrat hat deswegen nach intensiver Beratung mit den Betriebsräten im Herbst 2010 beschlossen, eine Kampagne gegen Fristverträge durchzuführen. Ziel dieser Kampagne ist es, mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zur Eindämmung der Fristverträge abzuschließen. Außerdem will der Konzernbetriebsrat gemeinsam mit Betriebs- und Personalräten sowie den Beschäftigten anderer Träger gegen das Teilzeit- und Befris-tungsgesetz mobilisieren.

Mit einer Unterschriftensammlung haben 2.408 IB-Beschäftigte den Vorstandsvorsitzenden Werner Sigmund aufgefordert, „mit dem Konzernbetriebsrat eine Vereinbarung anzuschlie-ßen, die die Fristverträge beim IB einschränkt.“

Diese Unterschriften wurden dem Vorstand am 29.11.2010 übergeben. Der Vorstand erklärte sich zu Gesprächen bereit, aber bis heute wartet der Konzernbetriebsrat auf einen konkreten Verhandlungstermin.

Aufruf gegen „Teilzeit- und Befristungsgesetz“

Der Konzernbetriebsrat Internationaler Bund hat einen Aufruf gegen das „Teilzeit- und Befris-tungsgesetz“ verfasst. Darin werden die Arbeitgeber aufgefordert, unbefristete Arbeitsver-hältnisse wieder zum Regelfall zu machen.

Die Bundesregierung wird aufgefordert die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit unbefristete Arbeitsverhältnisse wieder zum Regelfall werden d.h.
  • Reform des § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetz (Einschränkung der Sachgründe in § 14 (1) des Teilzeit- und Befristungsgesetzes)

  • Streichung der „sachgrundlose Befristung“ (Streichung des § 14 (2), (2a) und (3) des Teilzeit- und Befristungsgesetzes)

  • Streichung der endlos möglichen Drittmittelbefristungen im Wissenschaftszeitver-tragsgesetz (§2 (2), insbesondere Satz 2)
Unter diesen Aufruf werden zur Zeit Un-terschriften von „prominenten“ Unterstützern/innen aus Politik und öffentlichem Leben sowie weiteren betroffenen Betriebs- und Personalräten gesammelt.


Bernd Wingender




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Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.03.2011