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Eine Arbeitswelt für alle

Der DGB fordert eine bessere berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung

Mehr Weiterbildung für Beschäftigte mit Behinderung und ihre Interessenvertretung


Weiterbildung ist für Unternehmen eine wichtige Investition in ihre Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit, den Beschäftigten sichert sie Erwerbschancen. Dennoch nimmt nur jede/r dritte Erwachsene in Deutschland an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Insbesondere mittlere Altersgruppen und Führungskräfte profitieren von betrieblicher Weiterbildung. Geringqualifizierte Teilzeitkräfte, ältere Beschäftigte, Menschen mit Behinderung, Frauen und Migranten werden seltener qualifiziert.

Staat und Unternehmen tun nicht genug für die Weiterbildung. Tarifverträge zur Weiterbildung müssen mühsam durchgesetzt werden. Zu wenige Angebote, verstärkte soziale Auslese, Qualitätsprobleme und Intransparenz kennzeichnen die deutsche Weiterbildungslandschaft. In der Weiterbildung fehlen gesetzlich geregelte Strukturen, die ein flächendeckendes, für alle zugängliches Angebot darstellen, sowie das Recht auf Bildung auch im Erwachsenenalter absichern. Langfristiges Ziel muss ein Erwachsenenbildungsgesetz sein, mit spezifischen Angeboten für benachteiligte Gruppen wie Menschen mit Behinderung, innerhalb inklusiver Bildungsmaßnahmen.

Bis dahin muss - insbesondere vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft und des zukünftigen Fachkräftemangels - zunehmend auch in die Weiterbildung für Menschen mit Behinderung investiert werden. Bestehende Ansprüche dürfen nicht aufgrund mangelhafter Kooperation der Leistungsträger im Sozialen Sicherungssystem scheitern. Konkret heißt das z.B.: Bei einer Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit muss auch der behindertenspezifische Mehrbedarf entsprechend dem zuständigen Leistungsgesetz übernommen werden. Die Teilnahme von Menschen mit Behinderung an Maßnahmen der Beruflichen Weiterbildung darf nicht daran scheitern, dass Mehrkosten aufgrund der Behinderung entstehen oder Bildungsstätten nicht barrierefrei sind.

Auch die Schwerbehindertenvertretung (SBV) muss ihren Aufgaben entsprechend geschult werden. Um diese oftmals anspruchsvollen Anforderungen bewältigen zu können, bedarf es gründlicher Schulung und regelmäßiger Weiterbildung der SBV. Dazu gehört auch professionelle Supervision. Des Weiteren braucht es ein Recht auf Heranziehung von Sachverständigen analog § 80 Abs. 3 BetrVG.


Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik

Auch bei der Betreuung von Arbeitslosen muss Weiterbildung wieder eine stärkere Rolle spielen. Bildung und Qualifizierung sorgen für nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Stattdessen werden den Arbeitslosen jedoch hauptsächlich kurzfristige Maßnahmen und Arbeitsgelegenheiten, so genannte Ein-Euro-Jobs, vermittelt.

Auch bei den Menschen mit Behinderung machen den größten Anteil der Maßnahmen die Ein-Euro-Jobs aus. Ihre Zahl wurde für diesen Personenkreis innerhalb der letzten Jahre von ca. 20.000 (2004) auf ca. 30.000 (2007) aufgestockt. Die Eingliederungsquote - also der Anteil derjenigen, die sechs Monate nach Maßnahmeende sozialversichert beschäftigt sind - ist hierbei eher gering. Von 100 Teilnehmenden konnten jeweils nur 12 integriert werden. Großteils können diese Maßnahmen nicht in Beschäftigung vermitteln und reduzieren somit in erster Linie die offiziell ausgewiesene Arbeitslosigkeit.

Die Zahl der Ein-Euro-Jobs hat in den letzten Jahren zu-, die Zahl der Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation dagegen abgenommen. Im Leistungsbereich der Arbeitslosenversicherung und der SGB II Institutionen geht die Zahl der Reha-Anerkennungen seit geraumer Zeit schon zurück. Im Jahr 2002 befanden sich noch ca. 50.000 Personen in Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation. In 2008 waren es nur noch ca. 22.000.

Insbesondere Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, haben nur geringe Chancen auf eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation. Viele SGB II-Vermittler erkennen den Bedarf nicht oder greifen auf allgemeine Angebote zurück. Dabei sind gerade Menschen in Hartz IV auf gute Reha-Maßnahmen angewiesen. Fast jede/r Zweite in Hartz IV ist nach eigener Einschätzung gesundheitlich eingeschränkt (35%) oder anerkannt behindert (11%). Im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit ist berufliche Rehabilitation also dringend nötig.

Die Anerkennung eines Reha-Bedarfs und die Qualität einer Reha-Maßnahme darf nicht länger davon abhängig sein, welcher Leistungsträger zuständig ist. Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen müssen vergleichbare Chancen auf berufliche Rehabilitation erhalten. Der Rechtsanspruch auf Reha muss deshalb gestärkt werden. Effizienz und beschleunigte Vermittlung im Hartz IV-System widersprechen dem Leitgedanken von leidensgerechter und dauerhafter Integration im Behindertenrecht (SGB IX). Deshalb ist eine Anpassung der Leistungsgesetze an das SGB IX notwendig.

Zu der Problematik, dass im Hartz IV-System Rehabilitationsbedarf nicht erkannt bzw. teils aus Kostengründen nicht gewährt wird, kommen ungleiche Betreuungsstrukturen. Betroffene berichten von einer Verschlechterung seit der Einführung von Hartz IV. Mitarbeiter der ARGEn seien nicht auf spezielle Bedürfnisse und Fragen von Menschen mit Behinderung vorbereitet. Vor Ort seien die Zuständigkeiten unklar und man werde hin- und hergereicht.

Die Betreuung von arbeitslosen Menschen mit Behinderung muss verbessert werden. Da nur die Arbeitsagentur verpflichtet ist, Reha-Beratung vorzuhalten, werden Menschen mit Behinderung zwischen Jobcenter und Arbeitsagentur hin und her geschickt. Ein wesentlicher Beitrag zur Barrierefreiheit wäre es, wenn die Vermittlung aus einer Hand bei den Agenturen für Arbeit erfolgen würde.


Quelle: Eine Arbeitswelt für alle
Ein Diskussionspapier des DGB zur besseren beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung entsprechend der UN-Konvention, DGB 2010

Sie können die vollständige Broschüre hier als pdf-Datei herunterladen


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Qualifizierung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 13.04.2010