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Heute beginnen die Betriebsratswahlen

Betriebsrat?!

Seit 3 ½ Jahren bin ich im Betriebsrat. Nun stehen die Wahlen an, Zeit für ein Resümee meiner Erfahrungen.

Betriebsratsarbeit ist sehr vielfältig. Die Probleme, mit denen wir in der Aus- und Weiterbildung zu kämpfen haben, sind in den meisten Unternehmen die gleichen. Zu ihnen gehören: sinkende Gehälter durch Konkurrenzdruck und Preiskampf, Arbeitsplatzunsicherheit durch befristete Arbeitsverträge und Arbeitsverdichtung z. B. durch steigende Dokumentationspflichten.

Hier sind einige Punkte, bei denen wir in den vergangenen Jahren ein wenig Positives bewirken konnten:

Wir hören unseren KollegInnen zu, geben Rat, helfen bei der Lösung von Konflikten untereinander und begleiten sie zu Gesprächen mit Vorgesetzten. So leisten wir einen Beitrag, dass die kleinen Ärgernisse des Alltags erträglicher werden.

Wir schließen Betriebsvereinbarungen ab. Sofern diese nicht erzwingbar sind, sprechen wir mit unserem Arbeitgeber ab, zu welchen Themen er verhandlungsbereit ist und machen ihm regelungsbedürftige Probleme bewusst. Wir informieren uns über Regelungen anderer Betriebe zu den betreffenden Themen, die rechtlichen Rahmenbedingungen und beraten, welche Regelungen die Vereinbarung in unserem Betrieb enthalten soll. So haben wir z. B. vereinbart, welche Schritte unternommen werden müssen, wenn eine Kollegin oder ein Kollege alkoholkrank ist, wie Mehrarbeit abgegolten wird oder wie Dienstfahrten abgerechnet werden.

Wir haben die Einführung eines Mitarbeiterbeurteilungssystems an Bedingungen geknüpft. Z. B. muss der Arbeitgeber zunächst Stellenbeschreibungen erstellen und die von ihm gewünschten Beurteilungskriterien auf die sich daraus ergebenden Aufgaben zuschneiden. So verhindern wir, dass unsere KollegInnen durch jährliche – ungerechte – Beurteilungen noch mehr unter Druck gesetzt werden.

Wir nehmen unsere Mitbestimmungsrechte wahr. Wir widersprechen z. B. bei Einstellungen und Versetzungen, wenn KollegInnen durch solche personellen Einzelmaßnahmen benachteiligt werden. Missachtet der Arbeitgeber unseren Widerspruch, gehen wir arbeitsgerichtlich dagegen vor. Wir widersprechen Kündigungen.

Wir haben – erfolgreich – darauf gedrängt, dass KollegInnen, die schon lange „aus Sachgrund“ befristet waren, unbefristete Verträge bekamen, indem wir dem Arbeitgeber verdeutlicht haben, dass die vorliegenden „Sachgründe“ rechtlich zweifelhaft sind.

Wir drängen darauf, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, damit unsere KollegInnen pädagogisch hochwertige Arbeit leisten können, z. B. dass notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stehen und Vorbereitungszeit für Unterricht gewährt wird.

Wir fordern vom Arbeitgeber ein, dass er seiner Fürsorgepflicht uns ArbeitnehmerInnen gegenüber nachkommt. Als z. B. ein (offensichtlich überforderter) Vorgesetzter die Ansicht vertrat, es reiche aus, wenn sich ein gewalttätig gewordener Teilnehmer bei den angegriffenen KollegInnen entschuldige, haben wir darauf hingewirkt, dass eine Lösung gefunden wurde, die für die KollegInnen wirklich angemessen war.

Gerade die Arbeitsplatzunsicherheit führt dazu, dass viele KollegInnen sich nicht trauen, allein für ihre Rechte einzustehen. Ein Betriebsrat ist rechtlich so geschützt, dass er auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber verhandeln kann. Deshalb gelingt es uns leichter, „Selbstverständlichkeiten“ einzufordern.

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich es nur empfehlen, sich im Betriebsrat zu engagieren. Die Arbeit ist zwar anstrengend und manchmal zermürbend, vor allem, wenn wir unsere Ziele nicht oder nur langsam erreichen. Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sind oft schwerfällig und konfliktreich. Manchmal ist es dann schwierig wieder zu der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ zurückzufinden, zu der Arbeitgeber und Betriebsrat verpflichtet sind. Aber Betriebsratsarbeit ist auch interessant, spannend und befriedigend, vor allem wenn wir dazu beitragen, dass KollegInnen vor ungerechtfertigten Sanktionen geschützt werden und die Arbeitsbedingungen sich verbessern. Und es ist ein tolles Gefühl, wenn im Anschluss an unsere Betriebsversammlungen, auf denen wir den KollegInnen über unsere Arbeit berichten, diese sich bei uns bedanken.

Wer einen Betriebsrat gründen will, sollte zunächst Gleichgesinnte finden und wendet sich dann am besten an die Gewerkschaft. Diese kann zur Betriebsversammlung einladen, auf der ein Wahlvorstand gewählt wird, welcher dann sofort besonderen Kündigungsschutz (nach § 15 Abs. 3 KSchG) genießt. Dieser Weg ist vor allem dann empfehlenswert, wenn die Gefahr besteht, dass der Arbeitgeber gegen Beschäftigte vorgeht, die sich für die Wahl eines Betriebsrats einsetzen. Wie der Wahlvorstand die Wahl einleitet, vorbereitet und durchführt, erfährt er bei einer Wahlvorstandsschulung. Die Kosten für diese Schulung und alle weiteren Kosten der Wahl und auch der Betriebsratsarbeit trägt übrigens der Arbeitgeber.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Viele KollegInnen hoffen, ein Betriebsrat könne dafür sorgen, dass die Gehälter steigen. Das können wir leider nicht. Wer also ein höheres Gehalt will, muss entweder einsam und allein mit dem Arbeitgeber verhandeln, oder tritt in die Gewerkschaft ein, die Tarifverhandlungen führen kann.

Weitere Informationen rund um die Betriebsratswahl gibt es hier:

br-wahl.verdi.de/


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.03.2010