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Integrationslehrer: Sprachkurse zu Dumpinglöhnen?

Qualität hat ihren Preis – das weiß auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Bei der Zulassung von Anbietern so genannter Integrationskurse bewertet es deshalb seit einigen Monaten auch die Entlohnung der Lehrkräfte als Qualitätskriterium. Kursträger müssen nun konkrete Angaben über die Vergütung ihrer Honorarlehrkräfte machen. Tun sie dies nicht, wird ihnen die Zulassung versagt; liegt die Vergütung der Lehrkräfte unter 15 Euro pro Unterrichtsstunde, gilt die Zulassung lediglich befristet. Faktisch schreibt das BAMF damit eine Lohnuntergrenze fest. Weil Integrationslehrkräfte jedoch auf Honorarbasis arbeiten, bleibt ihnen am Ende trotzdem kaum mehr als ein Hungerlohn.


Vergütung der Lehrkräfte nicht unter 15 Euro

Integrationskurse sind ein staatliches Angebot, das sich an Zuwanderer richtet. Mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vor vier Jahren sind sie für alle Migrantinnen und Migranten verpflichtend. In den Kursen sollen sowohl die deutsche Sprache als auch die Grundlagen der deutsche Kultur, des Rechtssystem und der Werteordnung vermittelt werden. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die angemessen vergütet werden muss, findet das BAMF und legte im August 2008 fest, dass Kursträger künftig die Bezahlung ihrer Lehrkräfte transparent machen müssen, um eine Zulassung zu erhalten. Zahlt ein Träger weniger als 15 Euro pro Unterrichtsstunde, geht das BAMF davon aus, dass „aufgrund der geringen Vergütung eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Kurse nicht in der geforderten Qualität durchgeführt werden können“. Erhöht der Träger die Vergütung der Lehrkräfte nicht, wird die Zulassung nur für 12 Monate gewährt.


Hohe Anforderungen für wenig Geld

Ein uneingeschränkter Segen ist dieser „Mindestlohn“ für Integrationslehrkräfte trotzdem nicht, denn Honorarlehrkräfte arbeiten auf freiberuflicher Basis. Ein Stundensatz von 15 Euro ist für die Beschäftigten ein Bruttostundenlohn, von dem sie Betriebsausgaben, Steuern und Sozialabgaben selbst entrichten müssen. Nach Einschätzung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) liegt der Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung nach Abzug aller Abgaben bei 900 bis 1300 Euro pro Monat. Die Voraussetzungen, die die Lehrkräfte dafür erfüllen müssen, sind hoch: Wer in einem Integrationskurs Deutsch als Zweitsprache unterrichten will, muss ein Studium Deutsch als Fremdsprache oder eine vergleichbare Nachqualifikation vorweisen.


Gewerkschaften kritisieren prekäre Arbeitsbedingungen

Gewerkschaften monieren seit Jahren die prekären Arbeitsbedingungen von Honorarlehrkräften in Integrationskursen. Kritiker befürchten nun, der „Mindestlohn“ von 15 Euro könnte dazu führen, dass Träger, die bisher höhere Entgelte gezahlt haben, ihre Honorare sogar noch absenken. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält stattdessen ein Mindeststundenhonorar von 23,10 Euro sowie die anteilige Übernahme der Sozialversicherung durch die Auftraggeber für notwendig. Auch der ver.di-Landesverband Berlin-Brandenburg und die Vertretung Berliner Volkshochschuldozent(inn)en forderten die Bundesregierung auf, mehr Geld für die Bezahlung von Integrationslehrern bereitzustellen. „Viele Integrationslehrerinnen und Integrationslehrer sind überarbeitet und leisten regelmäßig Überstunden, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können“, kritisierte ver.di-Fachsekretär André Pollmann. Der Zuschuss, den das BAMF pro Teilnehmer eines Integrationskurses zahle, müsse dringend erhöht werden, um eine angemessene Bezahlung von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern zu ermöglichen.


Quelle: Deutschland braucht den Mindestlohn, Meldung vom 16.03.2009,

Schlagworte zu diesem Beitrag: Freiberufler/Selbstständige, Mindestlohn, Integrationskurse
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 17.04.2009