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Der Mindestlohn kommt – kommt er auch von allein?

Wenn der Mindestlohn durch eine Rechtsverordnung des Bundesarbeitsministeriums gültig geworden ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Mindestlohn zu zahlen. Aber nur, wenn er unter die Bedingungen des Tarifvertrags fällt. Dazu müsste ich wissen, welche Aufträge gerade in welchem Umfang vorhanden sind, wer was verdient, ob es Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gibt. Um es kurz zu machen:

Ohne Betriebsrat geht es nicht

Natürlich gibt es ihn, den ehrbaren Kaufmann, der sich an Recht und Gesetz hält. Und wenn nicht? Dann muss man ihm ein wenig auf die Sprünge helfen. Ein Betriebsrat kann helfen, schneller zu springen. Und nicht nur dass, er ist sogar von Gesetzes wegen verpflichtet, dem Arbeitgeber dabei zu helfen.

§ 80 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) legt die Aufgaben des Betriebsrats fest. Nach Absatz 1 hat er „darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden“. Wie aber soll der Betriebsrat wissen, ob der Tarifvertrag gilt und auch eingehalten wird? Da muss ihm der Arbeitgeber helfen. Denn nach Absatz 2 hat der Arbeitgeber den „Betriebsrat rechtzeitig und umfassend … zu unterrichten“, um seine Aufgaben durchführen zu können. Dafür darf er auch Einblick „in die Listen über die Bruttolöhne und –gehälter“ nehmen und sich dabei eigene Notizen machen. Um zu prüfen, ob der Tarifvertrag gilt, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die laufenden Geschäfte und die gezahlten Bruttolöhne zu informieren. Die Informationen muss der Betriebsrat erfahrungsgemäß einfordern. Von allein kommt nix, auch keine Information.

Betriebliche Sonderregelungen gelten nicht

Arbeitgeber spielen gerne die betriebliche Karte aus. Plötzlich sprechen sie vom Wir, von allen gemeinsam, die im betrieblichen Boot sitzen und die Probleme am besten betrieblich lösen. Sie bieten dann an, eine Betriebsvereinbarung über die Löhne und Gehälter abzuschließen. Bei solch einem Angebot ist Vorsicht geboten. Denn nach § 77 Abs. 3 BetrVG können „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind…, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein“. Natürlich kann betrieblich geregelt werden, dass der Arbeitgeber mehr zahlt als den Tarifvertrag. Aber eben nicht weniger. Für die Wirksamkeit des Tarifvertrags ist eine Betriebsvereinbarung unnötig.

Vorsicht vor Alleingängen

Wenn der Tarifvertrag gilt, ist der Zoll für die Überwachung zuständig. Besteht kein Betriebsrat, der die Einhaltung des Tarifvertrags überwachen und notfalls auch vor Gericht einfordern kann, müsste der Zoll diese Aufgabe übernehmen. Den sollte man aber besser nicht privat, sondern über seine Gewerkschaft aktiv werden lassen. Denn Anzeigen gegen den Arbeitgeber können häufig zu Kündigungen führen, da nach Ansicht der Gerichte durch die Anzeige ein „schwerwiegender Vertrauensbruch“ vorliegt.

Ganz von allein wird der Mindestlohn in der Branche sicherlich nicht umgesetzt werden. Aber gemeinsam sollten wir es schaffen, ihn Betrieb für Betrieb einzuführen. Dazu benötigen wir starke Betriebsräte, die ihre Möglichkeiten konsequent nutzen.


Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung


Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn, Arbeitnehmerentsendegesetz
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009