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Bachelor Professional: Qualität ist Bedingung

Reinhard Boeckl, Du warst für die IG Metall an der Erarbeitung von Qualitätskriterien zur beruflichen Aufstiegsfortbildung beteiligt. Worum ging es dabei?

Reinhard Boeckl Im Interesse der Sicherung und Verbesserung von Qualität wird ein bundeseinheitliches Akkreditierungsverfahren für den Bereich der beruflichen Aufstiegsfortbildung - dem Oberhaus der beruflichen Bildung - vorgeschlagen. Dies geschieht vor dem Hintergrund des Europäischen Qualifikationsrahmens und der Entwicklung des Europäischen Qualitätsrahmens und des Deutschen Qualifikationsrahmens. Damit soll Transparenz, Durchlässigkeit und Gleichwertigkeit zwischen den Bildungssystemen gefördert werden.

Das klingt sehr abstrakt. Was schlagt ihr konkret vor?

Reinhard Boeckl Erstens Kriterien für Qualitätssicherung und zweitens ein Verfahren zur Akkreditierung. Außerdem wollen wir einen Akkreditierungsrat für die berufliche Aufstiegsfortbildung schaffen. Seine Hauptaufgabe: Ihm wird die Vergabe von international anerkannten Bezeichnungen für die jeweiligen Aufstiegsfortbildungen übertragen.

Für wen sollen die Qualitätskriterien denn überhaupt Geltung haben?

Reinhard Boeckl Für die Rechtsverordnungen zur Aufstiegsfortbildung nach dem Berufsbildungsgesetz/Handwerksordnung, die Prüfungseinrichtungen und die Lehrgänge.

Welches Verständnis von beruflicher Handlungskompetenz liegt dem Qualitätssicherungs-Modell zu Grunde?

Reinhard Boeckl Nun ja, wir bewegen uns ja wie schon gesagt im Oberhaus der beruflichen Bildung. Da muss schon eine umfassende Bildung angelegt werden. Deshalb sagen wir, dass die folgenden Kompetenzen zu vermitteln sind. Fundierte Problemlösungs- und Analysekompetenz; die Befähigung, eine qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen; die Befähigung zum zivilgesellschaftlichen Engagement und zur umfassenden Persönlichkeitsentwicklung.

Ihr wollt auch die Fortbildungskonzepte in den Blick nehmen. Welche Kriterien sollen dabei angelegt werden?

Reinhard Boeckl Ja, es muss ein Konzept entwickelt werden, sonst wird man nicht zugelassen. Das Fortbildungskonzept umfasst die Vermittlung von Fachwissen und fachübergreifendem Wissen, umfasst die Vermittlung methodischer Kompetenzen, ist pädagogisch und didaktisch fundiert, berücksichtigt Möglichkeiten regionaler Kooperation, ist stimmig aufgebaut, ist zielführend im Hinblick auf definierte Qualifikationsziele, ist für Teilnehmende zeitlich und organisatorisch durchführbar, entspricht bei Fortbildungsgängen mit besonderem Profilanspruch den spezifischen Anforderungen, stellt auf Geschlechtergerechtigkeit ab, berücksichtigt Evaluationsergebnisse, Untersuchungen zur Arbeitsbelastung, zum Kurserfolg und Absolventenverbleib.

Ja, das sind viele und anspruchsvolle Maßstäbe. Aber: wir befinden uns auf der Ebene von Bachelor-Studiengängen.

Oft leidet ein Fortbildungslehrgang an unzureichenden organisatorischen Bedingungen. Muss da auch was passieren?

Reinhard Boeckl Ja, die Bedingungen der Durchführung sind ohne Zweifel wichtig. Deshalb muss die quantitative, personelle, sächliche und räumliche Ausstattung stimmen. Auch sind die Belange von Teilnehmenden mit Behinderung zu berücksichtigen.

Und wie sollen die Prüfungen ablaufen?

Reinhard Boeckl Die Prüfungen orientieren sich am Erreichen und Überprüfen von definierten Bildungszielen und sind modulbezogen sowie kompetenzorientiert anzulegen. Dabei wird die Durchführbarkeit des Fortbildungsgangs durch eine adäquate, belastungsangemessene Prüfungsdichte und -organisation gewährleistet. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich für behinderte Teilnehmende hinsichtlich zeitlicher und formaler Vorgaben ist sicherzustellen. Die Prüfungsordnung wurde einer eingehenden Rechtsprüfung unterzogen. Die Inhalte der Musterprüfungsordnung für Fortbildung sind zwingend zu beachten.

Noch mal zurück zum Akkreditierungsrat: Wer soll da mitmachen?

Reinhard Boeckl Nun wir haben einen Vorschlag entwickelt, den es zu verhandeln gilt. Ihm gehören an Vertreterinnen und Vertreter: der im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengeschlossenen Gewerkschaften; der im Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB) vertretenen Spitzenorganisationen der Wirtschaft insbesondere der DIHK und der ZDH, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Hochschulen. Zur Akkreditierung von Lehrgängen im Bereich der beruflichen Aufstiegsfortbildung setzt der Akkreditierungsrat spezielle Kommissionen ein. Der Akkreditierungsrat entwickelt und vergibt für die berufliche Aufstiegsfortbildung international anerkannte Bezeichnungen für die jeweiligen Aufstiegsfortbildungen, wie z.B. den Bachelor-Professional.


Quelle: WAP, Homepage der IG Metall, 18. Februar 2009


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 22.02.2009