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Unbefriedigender Koalitionskompromiss zum Entsendegesetz

Nur eine Teillösung - gesetzlicher Mindestlohn bleibt auf der Tagesordnung

Der aktuelle Kompromiss der Großen Koalition zur Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetz stellt nur eine Teillösung bei der dringend nötigen Bekämpfung von Lohndumping und Niedriglöhnen auf dem Arbeitsmarkt dar. Wichtige Branchen, wie zum Beispiel die Leiharbeit, bleiben außen vor. Das Problem von Armutslöhnen auch innerhalb von bestehenden Tarifverträgen wird nicht wirksam gelöst. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in einer ersten Analyse des Koalitionsbeschlusses. "Das Problem, dass Millionen Menschen arm sind, obwohl sie arbeiten, wurde nicht gelöst. Es ist zu befürchten, dass durch die bevorstehende Bundestagswahl nun mindestens ein weiteres Jahr für wirksame Maßnahmen verloren geht", resümieren die WSI-Forscher Dr. Reinhard Bispinck und Dr. Thorsten Schulten.

Künftig sollen die Entsorgungsbranche, die Pflegedienste, das Wach- und Sicherheitsgewerbe, die Bergbauspezialdienste und die industriellen Großwäschereien in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden. Nicht aufgenommen werden sollen die Zeitarbeit, die berufliche Weiterbildung und die forstlichen Dienstleistungen, obwohl für alle drei Branchen bereits Mindestlohntarifverträge abgeschlossen wurden und entsprechende Anträge gestellt wurden. Unverständlich ist nach Auffassung der WSI-Forscher die ins Auge gefasste Sonderlösung für die Zeitarbeitsbranche: Die Einführung einer neuen Lohnuntergrenze im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz stellt keine wirksame Maßnahme zur Sicherung eines angemessenen Lohnniveaus dar.

Außen vor bleiben zudem alle Niedriglohnbranchen, die wegen geringer Tarifbindung nicht für das Entsendegesetz in Frage kommen. Die hierfür vorgesehene Modernisierung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes von 1952 bietet nach Auffassung des WSI keine effektive Lösung. Das geplante Verfahren ist sehr zeitaufwändig und bürokratisch und kann ähnlich wie in den bisherigen Verfahren zur Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen durch die Arbeitgeberverbände in jedem Einzelfall blockiert werden.

Wer den Niedriglohnsektor wirksam bekämpfen will, sollte sich an anderen europäischen Ländern orientieren, so Bispinck und Schulten: "Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sollte für alle Branchen geöffnet und ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn sollte als verbindliche Untergrenze für alle Branchen eingeführt werden."


Quelle: Pressemeldung der Hans Böckler Stiftung vom 13. Januar 2009

Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009