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Triebkräfte und Hemmschuhe in der betrieblichen Weiterbildung

Hemmschuhe in der betrieblichen Weiterbildung


Hemmschuh wirtschaftliche Lage:

Weiterbildung ist von der wirtschaftlichen Lage des Betriebes abhängig. In der Literatur finden sich viele Hinweise dafür, dass Weiterbildung die Produktivität steigern und dem Betrieb bzw. Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen kann. Trotzdem reagieren Leitungen in einer wirtschaftlich schwierigen Situation häufig mit einer Sparpolitik, die auch erhebliche Einsparungen im Bereich Weiterbildung vorsieht. Die Entwicklung im Bankbetrieb führte so von einem sehr weiterbildungsfreundlichem Klima zu einer Situation, bei der Weiterbildung auf kurzfristige Anpassungsmaßnahmen reduziert wird. Auch bei dem Einzelhandelsbetrieb gibt es verschiedene Hinweise dafür, dass die Weiterbildungsteilnahme in den verschiedenen Betrieben von der wirtschaftlichen Situation abhängt.

Hemmschuh betriebliche Reorganisationsprozesse:

Betriebliche Reorganisationsprozesse nehmen zu. Die Ursache liegt häufig in veränderten Unternehmensstrategien, aufgrund von Unternehmenszusammenschlüssen oder der Neuschneidung von Unternehmen. Die betriebliche Ebene ist hiervon z.B. durch Betriebszusammenlegungen betroffen. Permanente Reorganisationsprozesse, wie sie z.B. bei den Telekommunikationsbetrieben stattfinden, wirken weiterbildungshemmend, da Unsicherheit über zukünftig benötigte Kompetenzen besteht, eine sinnvolle Weiterbildungsplanung dadurch erschwert wird und Weiterbildung in der Folge unterbleibt. Mit der Reorganisation ändern sich häufig auch die zuständigen Ansprechpartner wie sich im Telekommunikationsbetrieb II zeigt. Interessenvertreterinnen bzw. -vertreter und Arbeitgebervertreterinnen bzw. -vertreter müssen sich erst wieder aufeinander einstellen und lernen miteinander zu kommunizieren. Reorganisationsprozesse wirken zudem weiterbildungshemmend, wie der Fall des Bankbetriebes zeigt, wenn die Umstrukturierung vorrangig der Einsparung von Ressourcen, insbesondere von Arbeitsplätzen, dient.

Hemmschuh Arbeitsverdichtung:

Die Arbeitsorganisation, insbesondere eine starke Verdichtung der Arbeitszeit oder eine dünne Personaldecke wirkt weiterbildungshemmend, da keine Zeiten für Weiterbildung zur Verfügung stehen. Dies findet sich z.B. im Einzelhandelsbetrieb.

Hemmschuh Vorgesetzte:

In den Fallstudien zeigt sich des häufigeren, dass Unternehmens- bzw. Betriebsleitungen dem Thema Weiterbildung durchaus offen gegenüberstehen und die Notwendigkeit von Weiterbildung anerkennen. Eine höhere Weiterbildungsbeteiligung kommt damit aber nicht automatisch zustande. Häufiger sind es die direkten Vorgesetzten, die eine Weiterbildungsteilnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht genehmigen. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der Ressourcenzuteilung im Unternehmen. Erhalten die Abteilungen pauschale Budgets zur Erfüllung ihrer betrieblichen Aufgaben – wie z.B. bei dem Bank- und dem Versicherungsbetrieb –, so steht Weiterbildung in Konkurrenz zu anderen betrieblichen Aufgaben, die in den Abteilungen zu leisten sind. Zum anderen dürften die Gründe dafür in unterschiedlichen Ängsten der Abteilungsleitungen liegen: So z.B. die Angst, das Qualifikationsniveau steigt aufgrund der Weitbildungsteilnahme über das der Abteilungsleitung oder die Angst, das Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aufgrund der erworbenen Qualifikation die Abteilung verlassen und sich woandershin bewerben.

Hemmschuh Ansehen von Weiterbildung:

Weiterbildungshemmend kann auch die Befürchtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken, dass sich eine Weiterbildungsteilnahme negativ auf die berufliche Tätigkeit auswirkt. Dahinter steht die Auffassung – auch bei Beschäftigten – Weiterbildung sei eigentlich ein Freizeitvergnügen oder Luxus, jedenfalls keine produktive Arbeitszeit. Verbunden damit sind verschiedene Ängste: Wer sich weiterbilde, belaste die Arbeitskollegen mit Mehrarbeit in der Weiterbildungszeit; signalisiere, dass einem der Arbeitsplatz nicht zusagt oder wolle sich schlicht einer produktiven Tätigkeit entziehen; dadurch könnten sich Aufstiegschancen verschlechtern oder man sei bei Rationalisierungen als erstes von betriebsbedingten Kündigungen betroffen. Am deutlichsten zeigt sich dies in dem Einzelhandlesbetrieb, in dem die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub die betrieblichen Aufstiegschancen verringert.

Hemmschuh Management:

Im Management besteht nicht immer die Bereitschaft, mit Interessenvertreterinnen und -vertretern Fragen der Weiterbildung zu besprechen und das Thema voranzubringen. Gründe hierfür sind einerseits, dass das betriebliche Management hier keinen Handlungsspielraum für sich sieht, wie z.B. im Telekommunikationsbetrieb II und auf die Unternehmensebene verweist. Zum anderen besteht gerade in kleineren Unternehmen mit „autoritärem“ Führungsstil die Befürchtung, Entscheidungskompetenzen zu verlieren. Die Ausgangssituation im Pflegebetrieb war z.B. hierdurch gekennzeichnet.


Triebkräfte in der betrieblichen Weiterbildung


Triebkraft Regelungen:

Grundsätzlich wirken Regelungen – auf betrieblicher, tarifvertraglicher und gesetzlicher Ebene – weiterbildungsfördernd. Im Pflegebetrieb hat erst die Qualifizierungsvereinbarung – durch die Verfügbarkeit der notwenigen Ressourcen Zeit und Geld – zu einer Ausweitung der Weiterbildungsteilnahme geführt. Ebenso wirken sich tarifvertragliche Regelungen wie in den Telekommunikationsbetrieben – bei Unterschieden im Detail – positiv auf die Weiterbildungsbeteiligung aus, da sie das Thema auf die Tagesordnung setzen. Auf gesetzlicher Ebene wirken vor allem die Normen des BetrVG weiterbildungsfördernd, indem sie den Betriebsräten Instrumente in die Hand geben, durch welche die Arbeitgeber gezwungen werden können, sich mit dem Thema auseinander zusetzen.

Triebkraft Umstrukturierungs- bzw. Reorganisationsprozesse.

Reorganisationsprozesse mit veränderten Anforderungen an die Arbeitsplätze wirken sich nicht nur nachteilig auf die Weiterbildungsbeteiligung aus (wie oben beschrieben), sie können auch weiterbildungsfördernd wirken. Sie erfordern neue bzw. zusätzliche Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dies ist z.B. in den Telekommunikationsbetrieben im Zuge der Privatisierung aber auch im Rahmen der regelmäßigen Umstrukturierungsprozesse der Fall gewesen. Zudem gibt es mit § 97 Abs. 2 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretungen in den Fällen, in den sich die Tätigkeiten der Beschäftigten ändern und ihre beruflichen Kompetenzen zur Erfüllung der neuen Aufgaben nicht mehr ausreichen.

Triebkraft Unternehmensimage:

Die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen durch die Leitungen wird von diesen zum Teil als Instrument genutzt, nach außen ein positives Erscheinungsbild zu vermitteln. Dies zeigt sich deutlich bei dem Einzelhandelsbetrieb. Aber auch von den anderen Betrieben wird betriebliche Weiterbildung in diesem Sinne genutzt, wenn z.B. auf die „Anstrengungen“ und „Leistungen“ in diesem Bereich in Geschäftsberichten hingewiesen wird oder die Förderung der Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Unternehmensphilosophie formuliert wird. Interessenvertreterinnen und -vertreter können hier ansetzen, um gemeinsam mit dem Management die betriebliche Weiterbildungskultur zu gestalten.

Triebkraft Bündnispartner:

Nicht immer stoßen Interessenvertreterinnen und - vertreter bei dem Management auf Gesprächsbereitschaft, wenn sie Weiterbildung zum Thema der Betriebspolitik machen möchten. Die Widerstände das Managements sind vielfältig, wie oben formuliert. Um trotzdem etwas zu bewegen, muss ein Betriebsrat Überzeugungsarbeit leisten und vor allem Verbündete zur Durchsetzung der Arbeitnehmerinteressen suchen. Als hilfreich hat sich hier gezeigt, dass es nicht sinnvoll ist, das gesamte Management zu überzeugen, sondern gezielt Ansprechpartner zu suchen. Dies zeigt sich z.B. bei der Entwicklung einer betrieblichen Weiterbildungskultur im Telekommunikationsbetrieb II. Auch in anderen Betrieben zeigt sich, dass erfolgreiche betriebliche Weiterbildungspolitik von einer kleinen Gruppe im Betrieb vorangetrieben wird, häufig einem Gespann aus einem Arbeitnehmer- und einem Arbeitgebervertreter.

Triebkraft Gemeinsame Interessen:

Die Etablierung einer Weiterbildungskultur in den Betrieben kann nur gemeinsam mit dem Management erfolgen. Weiterbildung kann nicht dauerhaft ein Konfliktthema zwischen den Betriebsparteien sein. Gemeinsame Interessen sind die Grundlage um Weiterbildung langfristig als Kooperationsthema zu entwickeln. Diese können z.B. eine erweiterte betriebsinterne Flexibilität der Beschäftigten zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit oder der Erhöhung des Unternehmenserfolgs sein. Dies findet sich zum Beispiel im Versicherungsbetrieb und in den Betrieben des Gesundheitsbereichs.

Triebkraft Qualitätssicherung der Arbeit:

Die Qualifikation der Beschäftigten spielt bei Fragen der Qualitätssicherung eine große Rolle. Deutlich zeigt sich in den Beispielen aus dem Gesundheitsbereich, wie die Forderungen der Kostenträger an die Betriebe, Qualitätssicherungsverfahren einzurichten, zu einer Ausweitung der betrieblichen Weiterbildung führt.



Sie können den vollständigen Projektbericht „Weiterbildung im Betrieb: Triebkräfte und Hemmschuhe“ hier als pdf-Datei herunterladen.


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Betriebliche Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009