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Allgemeine Anfrage zu Bedingungen bei öffentlichen Ausschreibungen im Bereich Maßnahmen zur Beruflichen Bildung

Regionales Einkaufszentrum SÜDWEST, Stuttgart

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit einigen Jahren werden Maßnahmen der Beruflichen Bildung sowie diverse Maßnahmen gemäß SGB III öffentlich ausgeschrieben. Die Betriebsräte der Bildungsträger sind gefordert, Bedingungen, die sich aus Ausschreibungen, Konzeptionen usw. ergeben, innerbetrieblich umzusetzen. Dabei haben sie Personalplanung, Einsatz von Beschäftigten sowie deren Arbeitsbedingungen mitzugestalten und zu überprüfen.

Immer wieder stoßen die Betriebsräte in ihrer täglichen Arbeit auf widersprüchliche Regelungen. Zum einen gibt es Forderungen, die ihre Grundlage in den Ausschreibungstexten haben, zum anderen gelten im Betrieb Gesetze und Verordnungen (z.B. Betriebsverfassungsgesetz usw.), deren Einhaltung der Betriebsrat zu prüfen hat.

Wir Gewerkschaften beraten die Betriebsräte bei Ihrer Arbeit. Im Zusammenhang damit stellen sich für uns folgende Fragen:

Wie überwachen Sie die Einhaltung von Standards, die sich entweder aus dem Text der jeweiligen Ausschreibung und / oder aus gesetzlichen Vorschriften ergeben, bei den Bildungsträgern?


Antwort des Regionalen Einkaufszentrum Südwest:

Einhaltung von Standards

Neben den in den Ausschreibungsunterlagen detailliert benannten Qualitätskriterien kommt auch der laufenden Qualitätskontrolle eine besondere Bedeutung zu. Die Regionalen Einkaufszentren (REZ) führen in enger Abstimmung mit der jeweiligen Agentur für Arbeit ein Vertrags- und Lieferantenmanagement zur Sicherung der vertragsgemäßen Maßnahmedurchführung durch.
Diese Qualitätssicherung des Vertragsmanagements im REZ setzt bereits ein, bevor die jeweilige Maßnahme begonnen hat. So werden die vom Auftragnehmer vor Maßnahmebeginn einzureichenden Unterlagen und Nachweise zur personellen, räumlichen und sächlichen Ausstattung unter Berücksichtigung der Anforderungen der Leistungsbeschreibung nicht nur durch die Agentur für Arbeit vor Ort sondern auch durch das REZ als Vertragspartner geprüft. Diese Prüfung beinhaltet nicht nur eine Feststellung der Voraussetzungen nach Aktenlage.



Welche Maßnahmen ergreifen Sie, wenn beispielsweise der Arbeitsvertrag von MitarbeiterInnen, die in bestimmten Maßnahmen eingesetzt werden, zeitlich vor Ende der Maßnahme aufgrund Zeitbefristung ausläuft?
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, wenn nur zu Beginn der Maßnahme fest angestelltes Personal eingesetzt wird, dieses im Verlauf der Maßnahme aber durch wechselnde Honorarkräfte ersetzt wird?



Antwort des Regionalen Einkaufszentrum Südwest:

Befristete Arbeitsverträge – Formulierungen in den Verdingungsunterlagen

Die Verdingungsunterlagen sind m. e. eindeutig formuliert. So ist grundsätzlich für die Vertragslaufzeit fest angestelltes Personal vom Auftragnehmer einzusetzen. Der Einsatz von Honorarkräften ist z. b. bei Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen aufgrund unterschiedlicher Berufsfelder auf höchstens 20 % eingeschränkt. Bei 80 % des eingesetzten Personals muss es sich zwingend um fest angestelltes Personal handeln.

Personalwechsel während der Maßnahme und Spielräume von Befristungen

Grundsätzlich ist für die Vertragslaufzeit fest angestelltes Personal durch den Träger einzusetzen. Der Nachweis des Personals hat nach der Zuschlagserteilung, spätestens vier Wochen vor Beginn der Maßnahme bzw. unmittelbar nach Zuschlagserteilung, wenn die Maßnahme früher als in 4 Wochen nach Zuschlagserteilung beginnt, mit dem Erhebungsbogen „Personal“ sowie der Gesamtübersicht „Personaleinsatz“ gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu erfolgen.
Die BA behält sich vor, den Einsatz des Personals abzulehnen, sofern hinsichtlich der Eignung Bedenken bestehen. Gleiches gilt für einen Personalwechsel während der Vertragslaufzeit. Eine Vertretungsregelung im Urlaubs- oder Krankheitsfall ist vom Auftragnehmer sicherzustellen.

Sollte ein Personalwechsel nicht angezeigt worden sein und den Regionalen Einkaufszentren zur Kenntnis gelangen, werden vertragsrechtliche Konsequenzen (Minderung der Vergütung oder Vertragsstrafe) geprüft.

Die individuelle Ausgestaltung der Arbeitsverträge und deren Abschluss obliegt den Arbeitsvertragsparteien. Hier haben sich die Vertragsparteien an die geltenden rechtlichen Regelungen zu halten. Ein Wechsel zwischen fest angestelltem Personal zu Honorarkräften wäre nur dann zugelassen, sofern die Leistungsbeschreibung fest angestelltes Personal nicht zwingend vorschreibt oder Honoraranteile noch nicht ausgeschöpft sind. Qualitätseinbußen sind insbesondere bei den hohen fachlichen Forderungen an das personal nicht erkennbar.

Die BA legt bei Bildungsmaßnahmen Wert darauf, dass sie über einen transparenten Wettbewerb qualitativ hochwertige Angebote im Interesse ihrer Kunden erhält, die aber im Innenverhältnis auch den Beschäftigten rechtskonforme Bedingungen gewährleisten. Bei erkennbarem Missverhältnis von Angebotspreis und Leistungsversprechen prüft die BA daher auch die Kalkulation der Angebote und trifft die vergaberechtlich zulässigen Entscheidungen mit entsprechenden Konsequenzen. Ein Ausschluss derartiger Angebote kann allerdings nur unter sehr strengen Bedingungen erfolgen (Marktverdrängungsabsicht, Kalkulationsfehler.

Die Entlohnung der Beschäftigten zu vorgegebenen (Mindest)Konditionen kann durch die BA derzeit nicht gefordert werden; dazu müssten als allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge, deren Einhaltung dann zwingend gefordert werden könnte, vorliegen.



Welchen Spielraum (im Sinne des Teilzeit – und Befristungsgesetzes) gestehen Sie den Auftragnehmern in dieser Frage zu?

In diesem Zusammenhang fragen wir nach, ob die überregionalen Prüfgruppen, welche im Dezember 2006 angekündigt worden waren, ihre Arbeit bereits aufgenommen haben und ob es womöglich bereits erste Ergebnisse gibt.



Antwort des Regionalen Einkaufszentrum Südwest:

Einrichtung von Prüfgruppen

Seit April 2007 hat die BA zusätzlich einen Prüfdienst für Arbeitsmarktdienstleistungen eingerichtet. Vor dem Hintergrund einer anhaltenden Diskussion um die Qualität von Arbeitsmarktdienstleistungen macht die BA mit der Einrichtung eines hauptamtlichen Prüfdienstes deutlich, welche Bedeutung sie der Qualitätssicherung in diesem Bereich beimisst.
Im zweiten Halbjahr 2007 sollen neben beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen insbesondere Trainingsmaßnahmen, Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen und Berufsausbildungen in außerbetrieblichen Einrichtungen geprüft werden.



Zum Hintergrund unserer Anfrage

Beispiele für Ausschreibungstexte:
In der öffentlichen Ausschreibung § 241, Absatz 2 SGB III, kooperatives Modell / Migranten, wird unter den Punkt b 2.4 Personal ausgeführt: Dem Grundsatz der Kontinuität des Personals ist durch, für die Ausbildungsdauer, fest angestelltes Personal Rechnung zu tragen.

Dieselbe Formulierung findet sich z.B. auch in der öffentlichen Ausschreibung Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen § 61 SGB III, Erwerb Hauptschulabschluss aus 2006.
Auch bei Trainingsmaßnahmen nach § 48 SGB III ist unter B 2.4 zu lesen:
Es sind überwiegend hauptberufliche Lehrkräfte und Ausbilder einzusetzen. Grundlage dieser Betrachtung ist der Einsatz in der jeweiligen Maßnahme in Unterrichtsstunden.

Bedeutet diese Formulierung für Sie, dass Beschäftigte während der gesamten Laufzeit der Maßnahme angestellt sein müssen? Wie legen sie die Bedingung: „überwiegend“ aus?
Wir beobachten dass Bildungsträger während der Laufzeit der Maßnahme einen Teil der fest angestellten Beschäftigten in der Maßnahme nicht weiter beschäftigen und durch neu Eingestellte ersetzen, nur weil die jeweiligen Geschäftsleitungen den betriebspolitischen Grundsatz verfolgen, Fristverträge grundsätzlich ohne sachlichen Grund abzuschließen und diese dann nach zwei Jahren auslaufen zu lassen.
Hintergrund für die Praxis ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das bei Neueinstellungen Befristungen ohne sachlichen Grund nur bis zu zwei Jahren ermöglicht und - sollte der Arbeitsvertrag dann nicht entfristet werden – für die weitere Befristung vom Arbeitgeber dann die Angabe eines sachlichen Grundes verlangt. Die Angabe eines sachlichen Grundes für die weitere Befristung wollen einige Bildungsträger wegen arbeitsrechtlicher Risiken vermeiden. Lieber tauschen sie dann, selbst in der Mitte einer Maßnahme, einen Teil des Personals aus und nehmen dafür auch Qualitätseinbußen, Beziehungsabbrüche für die meist jugendlichen TeilnehmerInnen und zeitweilige Nichtbesetzung von Personalstellen in Kauf.
Wir beobachten weiterhin, dass Maßnahmen mit nur einer einzigen fest angestellten Person gestartet werden und anschließend zeitweise ausschließlich von wechselnden Honorarkräften betreut werden. Hintergrund hierfür ist das enge Preiskorsett, das die Bildungsträger zu solchen Praktiken treibt.


Für eine baldige Antwort wären wir Ihnen sehr verbunden

mit freundlichen Grüßen


gez. Waltraud Al-Karghuli, ver.di
gez. Inge Goerlich, GEW


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 22.07.2007