Nachrichten-Archiv

Zurück zur Übersicht

Zukunft der beruflichen Weiterbildung – Perspektiven der Arbeitsmarktpolitik nach der Bundestagswahl

Die Betriebsrätetagung des Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung in ver.di war mit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr gut besucht. Hat die geförderte berufliche Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit eine Chance, nach Jahren des Niedergangs wieder in ruhigeres Fahrwasser zu gleiten? Diese Frage konnte nicht beantwortet werden. Die zunächst im Bereich der FbW-Maßnahmen (Förderung der beruflichen Weiterbildung) erkennbaren Veränderungen (massiver Rückgang der Maßnahmen, starker Personalabbau bei den Trägern, ruinöser Preisverfall) haben nach den Jugendmaßnahmen inzwischen auch den Bereich der beruflichen Rehabilitation erreicht.

Die neue Geschäftspolitik der Bundesagentur (BA)mit ihren Zielen der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit sieht in der Weiterbildung lediglich ein „Produkt“, mit dem die kurzfristig gemessene Verkürzung der Arbeitslosigkeit erzielt werden soll. Längerfristige Perspektiven von Bildung, die auf dauerhafte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben abzielen oder gar Ansätze von Formen des in allen Programmen und Sonntagsreden geforderten „Lebenslangen Lernens“ sind nicht Ziel der neuen Geschäftspolitik. Der zwischenzeitlich verabschiedete neue Haushalt der BA sieht einen neuerlichen Rückgang der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik vor. Besonders betroffen ist der Bereich des Eingliederungstitels, aus dem die berufliche Weiterbildung bezahlt wird.

Im Bereich des SGB II ist gegenwärtig überhaupt keine klare Linie zu erkennen. Jede Arbeitsgemeinschaft, jede Optionskommune scheint sich ein eigenes Konzept zusammenzustricken. Die vorhandenen Fördergelder für die aktive Arbeitsmarktpolitik werden hier, bedingt durch die Anlaufschwierigkeiten des ersten Halbjahres 2005, voraussichtlich nur zur Hälfte ausgeschöpft. Ob die Träger des SGB II im nächsten Jahr mit klaren Konzepten der Förderung insbesondere in der Weiterbildung aufwahrten werden, bleibt abzuwarten.


Die Situation der nach Sozialgesetzbuch geförderten Weiterbildung – eine Zwischenbilanz

Ein Beitrag von Roland Kohsiek,
Leiter des Landesbezirksfachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung, ver.di-Landesbezirk Hamburg

Roland Kohsiek spricht in seiner Zwischenbilanz von einer dramatischen Situation. Der tatsächliche Rückgang der Teilnehmerzahlen in der beruflichen Weiterbildung muss bei der „normalen“ Förderzahl von ca. 450 000 Teilnehmern Anfang 2000 gemessen werden. Der Rückgang auf jetzt ca. 100000 Teilnehmern zeigt den Einbruch des Mengenvolumens richtig an.

Die Ausschreibungspraxis ist der Motor des Preisverfalls. Der Personalabbau bei den Bildungsträgern bewegt sich zwischen 25000 und 40000 Beschäftigten, einzelne Träger sind ganz verschwunden. Ehemals seriöse Träger werden mit ihrem guten Image und werden zu „Tätern“ der neuen Marktmechanismen. Massive Absenkung der Gehälter bei Neueinstellungen, Bildung von nicht tarifgebundenen Tochtergesellschaften sind an der Tagesordnung. Die sozialpolitische Argumentation für Bildungsmaßnahmen durch die BA kippt zugunsten einer betriebswirtschaftlichen Renditerechnung.


Weiterbildung als Instrument aktiver Arbeitsmarktpolitik – aktuelle Forschungsergebnisse

Ein Beitrag von Dr. Thomas Kruppe,
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Nürnberg

Dr. Kruppe hat seinen Beitrag in 5 Unterpunkte aufgegliedert:
  • Die Weiterbildung Arbeitsloser – Entwicklungen
  • Bewertungsmaßstäbe
  • Bewertung (Umsetzung/Praxis)
  • Bewertung (Forschung)
  • Schlussfolgerungen

Die Teilnehmerzahlen, Zahl der jährlichen Neueintritte und die monatlichen Bestandszahlen bei der BA gehen seit 2000 kontinuierlich zurück. Einzelne Bereiche sind besonders betroffen. So ging die Zahl der Berufsrückkehrerinnen im ersten Halbjahr 2005 gegenüber 2004 um 66,9% zurück.

Die neue Steuerungslogik der BA mit ihren Zielen
  • Wirkungsorientierter Haushalt
  • Geringerer Mitteleinsatz
  • Reduzierung der Kosten
führt zu zwangsläufigen Schlussfolgerungen.
So muss die Wirkung einer Weiterbildung einsetzen, bevor die Betroffenen aus dem ALG I ausscheiden. Ansonsten würden als Kosten die Mittel für die Weiterbildung und der Aussteuerungsbetrag anfallen, was für die BA unwirtschaftlich ist.

Bei der Bewertung aus Sicht der Forschung sind zunächst die Ziele der Arbeitsförderung zu betrachten, wie sie das SGB III vorgibt. Danach ist zu untersuchen, ob die genannten Ziele durch die gewählten Maßnahmen tatsächlich erreicht werden. Nach dem Gesetz sollen die gewählten Maßnahmen “die individuelle Beschäftigungsfähigkeit durch Erhalt und Ausbau von Kenntnissen, Fertigkeiten sowie Fähigkeiten fördern“. Der Begriff der Beschäftigungsfähigkeit ist recht unscharf. Zu überprüfen, ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wurde, nicht einfach zu bewerkstelligen. Notwendig sei jedoch ein politischer Wandel, der die “Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit“ statt der “Sicherung der Beschäftigung“ anstrebt.

Die neueren Untersuchungen zur Wirksamkeit von Weiterbildungsmaßnahmen zeigen für Westdeutschland
  • Fast alle untersuchten FuU-Maßnahmen zeigen nach 4 Jahren einen positiven Effekt auf die Beschäftigungschancen.
  • Beschäftigungswahrscheinlichkeit erhöht sich durch Umschulung durchschnittlich nach 7 Jaharen um 10% bis 15% (im Vergleich zur Nichtteilnahme.
Es kommt bei den Untersuchungen darauf an, einen genügend langen Zeitraum zwischen der Beendigung der Maßnahme zu untersuchen. Dann sind üblicherweise positive Ergebnisse messbar.

Dr. Kruppe kommt u. a. zu folgenden Schlussfolgerungen:

Der Umbau der Förderung beruflicher Weiterbildung ist ein selektiver Abbau.

Langfristige Wirkungen und weitergehende Effekte sollten berücksichtigt werden (z. B. regionale Strukturen.

Die Förderung beruflicher Weiterbildung (SGB III) sollte aus der Finanzierung durch Beiträge herausgenommen werden und in eine Steuerfinanzierung überführt werden – bei gleichzeitiger Einbettung in eine Gesamtstrategie „Lebenslanges Lernen“.


Sie können den gesamten Beitrag von Dr. Kruppe als Folienpräsentation als pdf-Datei herunterladen.



Die geplante Diskussionsrunde mit Vertretern der politischen Parteien zu

Perspektiven der Weiterbildung nach der Bundestagswahl – Förderinstrumente und Finanzierungsbedingungen

konnte aufgrund einer Plenartagung des Deutschen Bundestages leider nicht stattfinden. Die Teilnehmer hatten uns freundlicherweise einen Fragenkatalog schriftlich beantwortet, der den Kongressteilnehmern vorlag. (Die Antworten können sie in einem gesonderten Beitrag unter dem Diskussionsthema auf der Seite Aktuelles nachlesen).

Herr Dr. Gawellek von der Bundesagentur für Arbeit stand dennoch für die Fragen einiger Kollegen, die für die Vertreter der politischen Parteien kurzfristig das Podium übernommen hatten und den Kongressteilnehmern zur Verfügung.


Die Ausschreibepraxis der Bundesagentur für Arbeit in Maßnahmen der beruflicher Bildung für Jugendliche

Ein Beitrag von Ulrich Kreutzberg
GBR-Vorsitzender der VHS-Bildungswerk in Sachsen-Anhalt GmbH
Sprecher des Arbeitskreises der Betriebsräte überregionaler Weiterbildungsträger

“Die “Gestaltung der Arbeitsbedingungen ist nicht unsere Aufgabe“ sagt die Bundesagentur für Arbeit (BA), angesprochen auf die Frage, ob die tarifgerechte Bezahlung des Pädagogischen Personals nicht Bestandteil der Ausschreibungen für Arbeitsmarktdienstleistungen sein könnte. Aber durch die zentralisierte Ausschreibungspraxis gestaltet die BA die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen des Pädagogischen Personals von Bildungsträgern maßgeblich. Wenn 47% der BVB-Maßnahmen in der Vergabe 2005 (rund 22.000 Teilnehmerplätze) zu Preisen unter 400 € pro Teilnehmer vergeben werden, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Bezahlungsstruktur. Der Durchschnittspreis sank gegenüber der Ausschreibungsrunde 2004von 446 € auf 416 € Gleichzeitig stieg der Anteil der Maßnahmen mit einem hohen Stellenschlüssel (1:14 und 1:15) von 32,8% (2004) auf 42,0% (2005). Die BA spart also doppelt auf dem Rücken der Beschäftigten. Dies haben zum einen mehr Teilnehmer zu betreuen und dies zu schlechteren Arbeitsbedingungen. Damit erfüllen die Regionalen Einkaufszentren (REZ) als neue Einkaufsorganisation der BA die Vorgaben aus dem Vorstandsbrief der BA vom August 2004, nämlich die gleiche Teilnehmerzahl wie 2003 zu geringeren Kosten zu versorgen.

Besonders zynisch wirkt in diesem Zusammenhang die Antwort von Herrn Knorr, Zentralbereichsleiter Controlling und Finanzen in der BA auf Kritik aus Kreisen der Bildungsträger. „Damit st es zunächst Sache der Bieter die Angebotspreise so zu gestalten, dass sie auskömmlich sind. Die sich im Wettbewerb ergebenden Preise stellen grundsätzlich Marktpreise dar. Nicht die BA sondern die Bildungsträger haben im Wettbewerb untereinander eine Senkung de Angebotspreise herbeigeführt.“ Besonders zynisch wird dies Argument, wenn auf die Überprüfung der Qualität beim Einkauf der Maßnahmen verwiesen wird. Da der Sachbearbeiter eine Bewertung eines Konzepts mit drei Punkten pro Wertungspunkt besonders begründen muss, pendelt sich die Bewertung der unterschiedlichen Konzepte bei durchschnittlich zwei Punkte ein, so dass am Ende doch der Preis den Ausschlag gibt. Bei der Durchsicht der Konzepte wird auch nicht darauf geachtet, welche Kosten die in den Konzepen genannten Maßnahmen (z.B. Assessmentverfahren in der BVB) eigentlich verursachen.

Neben diesem Aspekt spielt die Absenkung von Standarts in den Leistungsbeschreibungen eine weitere Rolle in der Förderung von prekären Arbeitsverhältnissen in der Weiterbildung. War im Runderlass 50/99 für die Bereiche der Erstausbildung (BaE) noch vorgeschrieben, dass 100% des Personals fest angestellte sozialversicherungspflichtige Beschäftigte sind, stand in der Leistungsbeschreibung 2005 für BaE nur noch die Vorschrift etwa 30% es Personals fest angestellt zu beschäftigen. Daneben fördert insbesondere die Art und Weise (kurze Laufzeiten, immer wieder neue Ausschreibungen im Laufe eines Jahres) der Ausschreibungen für Trainingsmaßnahmen die Beschäftigung von Honorarkräften

Obwohl im SGB III als Zielbestimmung der Handlungen der BA festgelegt ist, „unterwertige Beschäftigung zu verhindern“ ist es der BA durch die zentralisierte Ausschreibe- und Vergabepraxis gelungen, unterwertige Beschäftigungsbedingungen bei Bildungsträgern flächendeckend zu fordern und zu fördern. Oder wie soll man die Vergabe einer BVB-Maßnahme in Berlin-Mitte für 260 € pro Teilnehmer, was einer Bezahlung zwischen 1.300 bis 1.400 € für pädagogisches Personal entspricht sonst nennen.“



Die Lage der Berufsförderungswerke (BFW)

ein Beitrag von Hermann Ziegenbein

“Das SGB IX hat einen Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation gesetzlich fixiert. Dadurch schienen die Berufsförderungswerke und die Berufsbildungswerke vor einer Entwicklung, wie wir sie seit 3 Jahren im Weiterbildungssektor erleben, geschützt zu sein. Jetzt hat die Entwicklung die BFWs voll erfasst.

Die folgenden Angaben gelten für die 28 Berufsförderungswerke, die laut Netzplan die flächendeckende Versorgung für die Wiedereingliederung behinderter Menschen sicherstellen sollen.
Die Leistungstage sind von 8,35 Millionen (2003) auf 6,45 Millionen (2005) gesunken. Da die Maßnahmen in der Regel 2 Jahre dauern, ist die Entwicklung der Anmeldungen aussagekräftiger. Sie entwickelte sich von 6.223 (1. Quartal 2004) zu 4008 (2. Quartal 2005). Das ist ein Rückgang um ein Drittel.

Das hat einschneidende Auswirkungen für die BFWs.
20 von 28 BFWs sind in einer wirtschaftlich schwierigen Situation.
3 sind in diesem Jahr bereits von Insolvenz bedroht. Im nächsten Jahr werden es 9 sein.
Die meisten BFWs haben bereits Massenentlassungen vollzogen oder sind aktuell dabei.
Von 2004 bis Ende 2006 werden ca. 1700 Stellen abgebaut sein.

Dieser personelle Aderlass hat zwangsläufig negative Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit.
Und er gefährdet die wirtschaftliche Grundlage de BFWs, weil keine rentablen Kursgrößen mehr zusammenkommen, die Preise aber nicht entsprechend erhöht werden.

Diese Entwicklung erfolgt auf dem Hintergrund, dass vor allem psychische Behinderungen zunehmen, deshalb also sowohl quantitativ als auch qualitativ ein steigender Bedarf an beruflicher Rehabilitation besteht.

Was hat diesen Rückgang verursacht?
Die Rentenversicherungen, als der wichtigste Reha-Träger, belegen relativ stabil. Die Rückgänge ihrer Belegung führen sie auf einen Rückgang der Anträge zurück. Den Rückgang erklären sie damit, dass viele behinderte Menschen Angst haben, ihren Arbeitsplatz wegen einer Reha-Maßnahme zu verlassen.

Schwerwiegender ist die Auswirkung von Hartz IV
Durch die Zusammenlegung von Arbeiitslosenhilfe und Sozialhilfe zum ALG II ist auch die Zuständigkeit für Langzeitarbeitslose verändert worden. Da ca. 60 bis 70 % der Teilnehmer aus einer Langzeitarbeitslosigkeit kommen, sind die Argen und die optierenden Kommunen zu Reha-Trägern geworden. Da hakt es gewaltig. Viele Kommunen sehen sich offensichtlich nicht als Reha-Träger. Zumindest lassen die geringen Anmeldezahlen das vermuten. Bei den Argen stockt es ebenfalls gewaltig. Da liegt es offensichtlich an kompetenten Sachbearbeitern. Am Geld kann es nicht liegen. Das steht zur Verfügung, wird aber nicht abgerufen. Es besteht die Gefahr, dass in diesem Jahr nicht nur 420 Mill. an den Bundeshaushalt zurückgeschickt werden, wie 2004, sondern das Ende 2005 eine größere Summe an den Bund zurückfließt.

Eine der Folgen ist, dass die BA glaubt, im nächsten Jahr beim Eingliederungstitel mächtig sparen zu können.

Die Steuerung der Maßnahmen nach „Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit“ kann dazu führen, dass die Mittel konzentriert werden auf die Personengruppen, bei denen mit geringem Mitteleinsatz eine schnelle Integration erreichbar ist. Dabei würden die schwerer eingliederbaren behinderten Menschen um ihre Chance auf gleichberechtigte Teilhabe gebracht.
Eine weitere Bedrohung besteht in der von der EU geforderten Ausschreibung von Dienstleistungen. Die zerstörerischen Wirkung der Ausschreibungspraxis haben im Weiterbildungssektor studieren können. Eine Anwendugn im Bereich der beruflichen Rehabilitation würde die vorhandenen leistungsfähigen Strukturen sehr schnell zerstören.

Wenn den behinderten Menschen die Chance auf eine qualifizierte berufliche Ausbildung genommen wird, ist ihr Anspruch auf Teilhabe „ad absurdum“ geführt.“



Den Niedergang der Weiterbildung stoppen

Ein Beitrag von Johannes Jakob,
DGB Bundesvorstand

"Die Trennung der Arbeitsvermittlung für Kurzzeit- und Langzeit-Arbeitslose hat auch gravierende Auswirkungen auf die Weiterbildung. Gleichzeitig werden die Mittel für Arbeitsmarktpolitik gekürzt und streng nach „Wirkung und Wirtschaftlichkeit“ vergeben. Zusätzlich wird die aktive Arbeitsmarktpolitik durch den Aussteuerungsbetrag erschwert. Die Trennung der Vermittlungssysteme bewirkt, dass keine durchgängige Eingliederungsstrategie vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit verfolgt wird, sondern auch finanzielle Überlegungen und das Abschätzen des Eingliederungserfolgs eine wesentliche Rolle spielen. Hierdurch werden besonders längerfristige Maßnahmen der Weiterbildung und Umschulung aus Sicht der BA unwirtschaftlich.

Der SGB III finanzierte Weiterbildungsmarkt hat sich seit dem Jahre 2002 nahezu halbiert. Während im Jahre 2002 für die Weiterbildung einschließlich Unterhaltskosten noch 6,7 Mrd. Euro ausgegeben wurden, waren es im Jahre 2004 noch 3,5 Mrd. Euro. Im Jahre 2005 werden sich voraussichtlich die Gesamtausgaben noch einmal halbieren. Entsprechend hat sich die Zahl der Eintritte in Weiterbildung deutlich reduziert. Während noch im Jahre 2001 36.000 Eintritte pro Monat zu verzeichnen waren, waren es in den ersten 10 Monaten des Jahres 2005 nur noch jeweils 10 800. Dabei ist der Schnitt vor allem durch viele Eintritte im September und Oktober verbessert worden. Es ist zurzeit noch nicht absehbar, ob dieser Trend anhält.

Insbesondere die Zahl der längerfristig laufenden Weiterbildungsmaßnahmen und Umschulungen geht überproportional zurück. Bei den im Jahr 2001 begonnenen Maßnahmen endeten noch 20,5 % der Maßnahmen mit anerkanntem Ausbildungsabschluss, dahingegen waren es im Januar 2005 nur noch 12,2 % der Neueintritte in Maßnahmen.


Bestand und Eintritte in Maßnahmen nach dem SGB III


Die ARGEn konzentrieren sich vor allem auf Arbeitsgelegenheiten, Weiterbildung ist nahezu bedeutungslos. Es besteht die Gefahr, dass noch mehr Träger vom Markt ausscheiden, wenn die Nachfrage nach Weiterbildungsangeboten durch die Agenturen und ARGEn nicht verstärkt wird. Wenn dann später Weiterbildung nachgefragt wird, fehlt die nötige Infrastruktur. Die Qualität leidet unter dem Marktverfall und dem damit zusammen hängenden Preisverfall.


Erfahrungen mit Vergabe

Die bisherigen Erfahrungen mit der Vergabe und dem Bildungsgutschein sind nicht besonders positiv. Problematisch ist vor allem, dass die Vergleichbarkeit der Maßnahmen tatsächlich schwierig ist und vor allem die BA nie im Voraus weiß, welche Qualität sie tatsächlich bekommt. Das Papier, auf dem das Angebot geschrieben wird, ist geduldig. Was in der Praxis tatsächlich stattfindet, ist eine andere Frage.

Nach Eingang der Angebote werden alle Anbieter in einem zweistufigen Verfahren bewertet. In der ersten Stufe entscheidet das Konzept, die Leistungsfähigkeit des Trägers usw. Jeder Träger, der hier bestimmte Mindeststandards erfüllt, kommt in die zweite Stufe, in der nur noch der Preis über die Vergabe entscheidet. In der Praxis kommen häufig Dumpinganbieter zum Zuge, weil nicht näher darauf eingegangen wird, welche Arbeitsbedingungen der Träger vorhält oder ob Erfahrungen mit der Zielgruppe vorliegen. Das System hat deswegen zu einem scharfen Preiskampf geführt, der die Qualität der Maßnahmen beeinträchtigt. Längerfristige Investitionen z.B. in technikintensive Einrichtungen unterbleichen.

Die damalige Bundesregierung war 1998 gerade aus diesem Grund angetreten, die vorherige Stop-and-Go-Politik (unter Blüm) zu beenden. Nach einigen Jahren Stabilisierung in der Weiterbildungspolitik ist die jetzige Situation noch weniger planbar als zuvor. Die Dezentralisierung der Verantwortung für die aktive Arbeitsmarktpolitik führt zudem zu sehr unterschiedlichen Strategien der ARGEn bzw. Agenturen.


Lösungen:

Ziel muss sein, den Weiterbildungsmarkt zu stabilisieren und eine hohe Qualität zu erhalten. Hierfür sind sowohl die Agenturen als auch die Argen verantwortlich.
  1. BA und ARGEn sollten sich im Zuge einer Selbstverpflichtung auf eine verlässliche und längerfristige Maßnahmeplanung verpflichten und diese durch entsprechende Mittel unterlegen. Zum Beispiel könnte politisch entschieden werden, dass 20 % des EGT SGB III und 20 % des EGT SGB II für Zwecke der Weiterbildung reserviert werden. Hierdurch würde wieder ein (flexibles) Budget geschaffen, das den Trägern eine verlässlichere Planung ermöglicht.
    Aus dem EGT müssen nicht die Unterhaltskosten gezahlt werden. Die im EGT bereit gestellten Mittel sind also reine Maßnahmekosten. Die Summe würde in etwa dem Niveau des Jahres 2003 entsprechen und wäre ca. 70 % der im Jahre 2002 ausgegebenen Mittel.
    Dies ist kein Widerspruch zu der von der BA geforderten Förderung nach Wirkung und Wirtschaftlichkeit. Auch wenn die Wirkung von Weiterbildung erst verzögert eintritt, steht außer Frage, dass Weiterbildung die Eingliederung fördert und mittelfristig die Stabilität der Beschäftigung erhöht.
  2. Die Vergabe der Weiterbildung läuft gesetzlich über das Gutscheinverfahren. Dies hat der DGB mehrfach kritisiert. Kurzfristig dürfte eine Änderung des Gutscheinverfahrens nicht zu erreichen sein. Dennoch können BA und ARGEn im Verwaltungsverfahren die Zusammenarbeit mit den Trägern verbessern und ihnen verlässliche Planungsgrundlagen liefern. Zum Beispiel kann ein bestimmtes Maßnahmekontingent an Weiterbildung verbindlich vereinbart werden, für das die BA und ARGEn anschließend ausreichend Gutscheine ausgeben, so dass die Maßnahmen auch stattfinden können. Darüber hinaus benötigen die Weiterbildungsträger längerfristige Planungen, um Investitionen sinnvoll abschreiben zu können. Dies gilt vor allem für technisch anspruchsvolle Weiterbildungsmaßnahmen. Deswegen sollte die Bildungsplanung stärker mittelfristig ausgerichtet sein und sich nicht ausschließlich an kurzfristigen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes orientieren.
  3. Darüber hinaus werden insbesondere berufsvorbereitende Maßnahmen und Trainingsmaßnahmen weiter über Ausschreibungsverfahren vergeben. Der DGB hat vorgeschlagen, hierfür ein Präqualifikationssystem (siehe unten) zu entwickeln, mit dem Ziel, dass sich nur Träger, die diese Mindeststandards erfüllen, an den Ausschreibungsverfahren beteiligen können. Das System stellt sicher, dass Dumpinganbieter nicht zum Zuge kommen und bei den Trägern möglichst sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entsteht.
  4. Die Weitergabe der Maßnahmen an Subunternehmen sollte generell untersagt werden.
  5. Bei der Zertifizierung der Träger (erfolgt durch externe Stellen) muss ein verbindliches Qualifikationssystem zu Grunde gelegt werden, das auch Mindestbedingungen über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten beinhaltet.
  6. Bei Jugendlichen muss der Vorrang von Qualifizierung verpflichtend geprüft werden. Weiterbildung hat Vorrang vor Arbeitsgelegenheiten. Wenn Arbeitsgelegenheiten angeboten werden, sind diese mit Qualifizierungselementen zu verknüpfen.
  7. Vor allem in den ARGEn ist die Bedeutung von Weiterbildung gleich null. Die ARGEn sollten vor allem für Zielgruppen zusätzliche Maßnahmen anbieten. So lassen sich für Migranten, Geringqualifizierte und Alleinerziehende auch kurzfristig Weiterbildungsmaßnahmen anbieten, um deren Eingliederungschancen zu erhöhen. Die ARGEn werden in diesem Jahr den Eingliederungstitel nur zur Hälfte ausgeben. Auch wenn man berücksichtigt, dass es Anlaufprobleme gegeben hat, ist das Verhältnis von Fördern und Fordern noch sehr ungleich verteilt.

Mindestanforderung an Träger
Das „Präqualifikationssystem“ bei Arbeitsmarktdienstleistungen muss Mindeststandards an die Leistungserbringung öffentlicher Aufträge setzen, die eben gerade nicht von jedem beliebigen Unternehmen (also etwa Briefkastenfirmen) zu erfüllen sind.
Mindeststandards für arbeitsmarktpolitische Dienstleistungen sind unter anderem:
  • das Vorhandensein einer funktionierenden Infrastruktur (räumliche und technische Voraussetzungen),
  • die Einbindung in die Strukturen des örtlichen und regionalen Arbeitsmarktes („ortsnahe Leistungserbringung“) Beteiligung an regionalen Netzwerken, Kontakte zu Arbeitgebern),
  • Existenz und Anwendung eines pädagogischen wie arbeitsmarktpolitischen Gesamtkonzepts beim Anbieter,
  • das Vorhandensein von fest angestelltem und qualifiziertem Personal und die Anwendung des jeweiligen ortsüblichen Tarifs seitens der Anbieter,
  • die Fähigkeit und Bereitschaft, zielgruppenspezifische Fördermaßnahmen anzuwenden und schnellstmöglich zu implementieren,
  • die Existenz einer zielgruppenspezifischen und sozialpädagogischen Betreuung,
  • Darlegung bisheriger arbeitsmarktpolitischer Ergebnisse/ Erfolge in der Region,
  • die Anwendung eines erprobten Qualitätsmanagementsystems."

Den Beschluss des DGB Bundesvorstandes Deutschland braucht mehr Weiterbildung können Sie als pdf-Datei herunterladen.


Bilanz der Arbeitsmarktpolitik in den letzten drei Jahren

ein Beitrag von Dr. Ulrich Gawellek,
Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg

Dr. Gawellek beschreibt die Entwicklung der Teilnehmerzahlen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Deutlich wird auch hier der Rückgang der Förderung der beruflichen Weiterbildung zugunsten anderer Maßnahmen. Waren in 2004 noch Trainingsmaßnahmen der „Renner“, so fällt in 2005 die Zahl der 1-Euro-Jobs mit über 460000 bis zum 31.10.2004 besonders auf.

Auch die Vielfalt des von ihm als „Instrumentenkasten“ bezeichneten Angebots an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmenarten, die von 2002 bis 2005 neu eingeführt wurden, überrascht. Seiner Meinung nach ist allerdings Vielfalt kein Garant für verbesserte Unterstützungsmöglichkeiten. Ziel sollte vielmehr sein, wenige, einfache, jedoch flexible Instrumente zu nutzen.

Im weitern erläutert er noch einmal die neue Geschäftspolitik der BA mit ihren Zielgrößen „Integrationswirkung und Wirtschaftlichkeit“ aus. Zentrale Steuerung und dezentrale Verantwortung über Budgets sollen über Zielvereinbarungen bessere Wirksamkeit der eingesetzten Mittel erreichen.

Die Leitlinien der BA zur Wirkung und Wirtschaftlichkeit lauten:

Produkte werden so eingesetzt, dass die Dauer der faktischen Arbeitslosigkeit verkürzt wird.

Die Wirkung des Produkteinsatzes muss mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Übertritt SGB II erfolgen.


Die BA selber vollzieht nach seinen Worten einen drastischen Wandel ihrer Steuerung. Transparenz durch internen Wettbewerb und Offenlegung der erzielten Wirkungen, Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes und Verantwortung durch Zielvereinbarungen mit Wirkungszielen sollen die Arbeit der BA voranbringen. Vorrangiges Ziel ist die kurzfristige Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt.

Sie können den gesamten Beitrag von Dr. Gawellek als Folienpräsentation als pdf-Datei herunterladen.



Herausforderungen und Handlungsfelder für Betriebsräte

ein Beitrag von Peter Petersen,
Sprecher der ver.di AG Weiterbildung

“Als Betriebsräte bei Weiterbildungs- und Rehaträgern haben wir es in den letzten 3 Jahren vorrangig mit der Bewältigung des massiven Personalabbaus zu tun gehabt, dem mittlerweile mehr als die Hälfte aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in der Branche zum Opfer gefallen sind.

Im Vordergrund unserer Arbeit stand die Aushandlung von Sozialplänen und deren Umsetzung. Hinzu kam in vielen Fällen - gemeinsam mit verdi - die Aushandlung von Notlagentarifverträgen für die verbleibenden Beschäftigten mit in der Regel drastischen Verschlechterungen der Vergütungs- und Arbeitsbedingungen.

Ein drittes Element war das zunehmende Outsourcing von Teilbetrieben in nicht tarifgebundene Tochterunternehmen und - damit verbunden - die ständig wachsende Anzahl von Kolleginnen und Kollegen mit prekären Beschäftigungsverhältnissen.
Es steht zu befürchten, dass diese Themen auch im kommenden Jahr unsere Arbeit beherrschen werden.

Obwohl wir uns nach wie vor in der Defensive befinden und viele aktive Kolleginnen und Kollegen und auch eine Reihe von Betriebsräten verloren haben, sollten wir nicht resignieren und uns in die weitere Entwicklung schicksalsergeben fügen.
Wir haben noch immer Möglichkeiten, uns gegen den völligen Niedergang der Branche zu wehren, auch wenn wir zur Zeit nicht in der Lage sind, große öffentlichkeitswirksame Aktionen auf die Beine zu stellen:

1. Vernetzung

Grundlage aller Aktivitäten ist dabei der regelmäßige überbetriebliche Austausch von Informationen über die Situation bei den einzelnen Trägern sowie über die geplanten Aktivitäten der Agenturen für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaften.
So haben wir in Hamburg die Reste des BR-Arbeitskreises in die verdi-Arbeitsgruppe Weiterbildung integriert, in der alle interessierten verdi-Mitglieder (und auch Noch-Nichtmitglieder) mitarbeiten können.
Diese AG trifft sich monatlich und tauscht aktuelle Informationen aus den Betrieben sowie aus der Selbstverwaltung der Agentur für Arbeit und dem Beirat der ARGE aus.
Es sollte auch an anderen Orten möglich sein, die gewerkschaftlichen Vertreter in diesen Gremien dazu bewegen, die Betriebsräte der Weiterbildungsträger bzw. die örtliche AG Weiterbildung regelmäßig über die dort geplanten Entwicklungen zu informieren und umgekehrt auch Fragestellungen von seiten der Betriebsräte in diese Gremien einzubringen.
Voraussetzung hierfür wäre allerdings die Bildung einer entsprechenden örtlichen oder regionalen Arbeitsgruppe.

Auch dort, wo es nicht möglich ist, örtliche überbetriebliche Kooperationen auf die Beine zu stellen, sollte zumindest versucht werden, sich in die bestehenden überregionalen Vernetzungen stärker einzubringen. Hier ist vor allem eine Weiterentwicklung und eine noch stärkere Nutzung von Netzwerk-Weiterbildung.info als zentraler Plattform für Informationen aus der Weiterbildungsbranche sinnvoll.

Auch eine stärkere Kooperation zwischen dem Arbeitskreis der Gesamtbetriebsräte der überregionalen Weiterbildungsträger und dem Arbeitskreis der Betriebsräte der Reha-Träger ist notwendig, um der zu erwartenden zunehmenden Konkurrenz zwischen beiden Bereichen zu begegnen.

2. Öffentlichkeitsarbeit

Die Bildung von überbetrieblichen Arbeitsgruppen schafft auch die Grundlage dafür, die mittlerweile bei den Weiterbildungsträgern herrschenden Zustände, den Leistungs- und Qualitätsverfall als Folge der Vergabepraxis der BA öffentlich zu skandalisieren.
Da kein Betriebsrat allein dazu in der Lage ist, selbst an die Presse zu gehen, um Mißstände im eigenen Betrieb anzuprangern, ist eine derartige Aktion nur als kollektive Aktion aller betroffenen Betriebsräte in Zusammenarbeit mit verdi möglich.

3. Branchentarifvetrag

Vor einer Woche hat an dieser Stelle Frank Bsirske auf einer Funktionärskonferenz erklärt: "Der Zweck von Gewerkschaften ist vor allem, die zunehmende Konkurrenz der Arbeitnehmer untereinander zu begrenzen". Dies gilt in ganz besonderen Maß auch in unserer Branche.

Ein Versuch, diese Konkurrenz einzudämmen und den ausufernden Dumping-Wettbewerb zwischen den Trägern zu stoppen, sind die zur Zeit stattfindenden Verhandlungen über einen Branchentarif für die Weiterbildung. Ziel dieser Verhandlungen ist es u.a., ein Mindestniveau für die Vergütung pädagogischer und anderer Tätigkeiten in der Weiterbildung festzulegen, das als Maßstab für die Vergabe von Maßnahmen durch die Arbeitsagenturen gelten soll.
Zur Zeit treten diese Verhandlungen treten auf der Stelle, weil die Differenzen zwischen den Vorstellungen der Arbeitgeber und der Gewerkschaften über die Höhe dieses Mindestniveaus unüberbrückbar hoch erscheinen.
Hier werden die nächsten Verhandlungsrunden abzuwarten sein.

4. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse

In dieser Tarifverhandlung haben wir u.a. auch versucht, die Arbeitsbedingungen der Honorarbeschäftigten zu regeln, um auch die zunehmende Konkurrenz zwischen festangestellten und sog. freien Mitarbeitern einzudämmen und für diese Kolleginnen und Kollegen vertretbare Mindest-Honorarsätze auszuhandeln. Dieses wurde von den Verhandlungsführern der Arbeitgeberseite strikt zurückgewiesen.
Auch wenn es uns nicht gelingen sollte, in diesen Verhandlungen einen Erfolg für diese Kolleginnen und Kollegen zu erzielen, bleibt für die Betriebsräte die dringende Aufgabe, sich verstärkt auch um die Interessenvertretung der Beschäftigten mit prekären Arbeitsverhältnissen zu kümmern. Zu diesem Thema ist daher im nächsten Jahr eine BR-Schulungsveranstaltung geplant. Seminare für betroffene KollegInnen und Kollegen von der verdi-Selbständigenberatung mediafon sollten in diesem Rahmen ebenfalls genutzt und bekanntgemacht werden.“



Resümee und Schlusswort

Ein Beitrag von Mechthild Bayer,
Bereich Berufsbildungspoltik, ver.di Bundesverwaltung

Der Beitrag von Mechthild Bayer konnte aus Zeitgründen leider nicht mehr vollständig gehalten werden. Hier folgen einige wesentliche Teile ihres Redemanuskripts, das sie als doc-Datei herunterladen können.

Weiterbildung als System

„Ich möchte mein Resümee v.a. auf die Frage konzentrieren:
Wie schaffen es raus aus der Defensive, in die wir als Unterstützer und Akteure einer Weiterbildungspolitik für Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte geraten sind, die wirtschafts- und arbeitsmarktlichen sozialen und Bildungszielen gleichermaßen verpflichtet ist?

Ich meine, eine Chance haben wir nur, wenn wir die SGB III – SGB II geförderte Weiterbildung als Teil einer Strategie, als Teil eines Systems Lebenslanges Lernens verstehen und verstärkt in die Diskussion bringen.

Das gilt sowohl erstens
  • für die Zustandsbeschreibung und Kritik des deutschen Weiterbildungssystems
  • zweitens für die Reformstrategien
  • und drittens für die Weiterbildungspolitik von ver.di“

Deutschland weist im europäischen Vergleich eine niedrige Beteiligung bei Weiterbildung aus. Anders als in anderen europäischen Ländern ist die betriebliche Weiterbildung in Deutschland ein weitgehend regulierungsfreier Raum. Welcher Handlungsbedarf ergibt sich aus der Analyse der Lage der Weiterbildung in Deutschland?

„Wie kann Weiterbildung als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe neu gestaltet werden? Welche Rolle können der Staat, die Tarifvertragsparteien, die Betriebe und Individuen übernehmen und welche Rahmenbedingungen sind dafür notwendig? Wie muss ein öffentlicher Ordnungsrahmen aussehen, der die unterschiedlichen Akteure und Verantwortlichkeiten in einem Gesamtkonzept zusammenführt mit einem Recht auf Weiterbildung und mehr Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Planungssicherheit für alle Beteiligten?
Für uns gilt: Auch Weiterbildung ist und bleibt ein öffentliches Gut. Die Teilhabe wird immer mehr zu einer neuen sozialen Frage. Der wachsende Trend zur Individualisierung und Privatisierung ist nur durch Schritte in Richtung eines gesellschaftlichen Systems zu stoppen und umzukehren.

Die einzelnen Aufgabenfelder ergeben sich aus den Zielen:
  • aktive staatliche Weiterbildungspolitik
  • ausgebaute betriebliche Kompetenzentwicklung
  • Weiterbildung als aktive Arbeitsmarktpolitik

und erfordern Aktivitäten auf verschiedenen Ebenen, die nicht im Sinne von Verschiebebahnhöfen substituierbar sind, sondern sich gegenseitig ergänzen und unterstützen sollen (= 3-Ebenen-Strategie zum Ausbau der Weiterbildung);
  1. nämlich ein Bundesgesetz für die berufliche Weiterbildung / Ländergesetze/SGB III + SGB II
  2. mehr Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen
  3. eine aktive betriebliche Weiterbildungspolitik (mit besserer Nutzung des Betriebsverfassungsgesetzes)“

Die Weiterbildungspolitik muss, soll sie erfolgreich sein, auch bei ver.di aus einem Guss erfolgen. Die isolierte Betrachtung nur einzelner Teile wie etwa der SGB II und III geförderten Weiterbildung, der Tarifpolitik mit dem Wunsch nach tarifvertraglichen Regelungen für Weiterbildungsansprüche von Beschäftigten oder der ruf nach einem Bundesgesetz für Weiterbildung getrennt voneinander bringen uns nicht weiter.

„Erst eine „Weiterbildungspolitik aus einem Guss“ macht ver.di nach innen und außen handlungsfähig und ist wirksam für die beruflichen Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen, die heute als Beschäftigte im Betrieb, morgen als private Nachfragende auf dem überbetrieblichen freien Markt und übermorgen als Arbeitslose qualitativ hochwertige, zeitlich nutzbare und finanzierbare Weiterbildung brauchen.“

Den Beitrag von Mechthild Bayer können Sie als doc-Datei herunterladen.




Wir danken allen Referenten und Diskussionsteilnehmern für ihre Beiträge, ohne die der erfolgreiche Verlauf der Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre.
Alle Originalbeiträge sind in kursiver Schrift dargestellt.

Eigenbericht netzwerk-weiterbildung

Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.2006