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Die berufliche Weiterbildung stirbt - und mit ihr eine ganze Denkschule

Zekri schreibt:

"Ein halbes Jahr lebt die Republik nun mit Hartz IV -- und stellt fest: Die Reform hat nicht nur verwirrende Neuigkeiten gebracht. Sie ist auch ein Abschied auf Raten von der Vorstellung, dass sich die Arbeitslosigkeit durch beitragsfinanzierte Weiterbildung und Qualifizierung wirksam bekämpfen lässt.

30 Jahre nach ihrer Schöpfung scheint die berufliche Qualifizierung im Kampf gegen Arbeitslosigkeit so vielversprechend wie Tütenkleben."

Die mit der Weiterbildung sterbende Denkschule ging davon aus, dass Bildung vor allem emanzipatorischen Charakter habe. Sie eröffne den Betroffenen Chancen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

"In nachgeholten Hauptschulabschlüssen und neuen Spezialisierungen drückte sich eine neue Selbstverpflichtung zum lebenslangen Lernen aus -- und eine emanzipatorische Errungenschaft.

Defizite und Irrtümer früherer Bildungssysteme sollten ausgeglichen, neue Talente, neue Welten entdeckt werden. So gering war das Interesse am ökonomischen Nutzen solcher Fortbildung, dass die Arbeitsämter sich lange Zeit nicht mal die Mühe einer bundesweit einheitlichen Evaluation machten."

Inzwischen habe sich diese Einstellung geändert. Helfen werde es der beruflichen Weiterbildung nicht, soweit es die von der Bundesagentur für Arbeit geförderte berufliche Weiterbildung betrifft. Sie ist nach Meinung der Autorin ineffizient, teuer und vor allem: "Wo die Jobs fehlen, nützt die beste Ausbildung nicht."

Mit einer neuen unionsgeführten Bundesregierung wird sich diese Entwicklung eher noch verstärken. "Roland Koch, Hessens Ministerpräsident, hat angekündigt, 'Umschulungen und Qualifzierungen' solle es nur geben, 'wenn die konkrete Hoffnung auf einen Arbeitsplatz besteht'. Das würde die Bundesagentur sofort unterschreiben, aber eine Liebeserklärung an die Weiterbildung ist es nicht."

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 30. 06. 2005





Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.2006