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Berufliche Weiterbildung in Deutschland krankt an Umsetzung

20.09.2004 (bikl / IBM) Über 90 Prozent der befragten Unternehmen sehen Weiterbildung als wichtigen oder sogar entscheidenden Faktor für den Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit an, aber nur zwei von drei Firmen haben ein formales Weiterbildungsprogramm etabliert. Lediglich die Hälfte der befragten Firmen setzt bei der Weiterbildung E-Learning ein. Das ist das Ergebnis einer Befragung, des „Skills Survey“, die das Marktforschungsunternehmen Forrester Research im Auftrag von IBM bei 255 Unternehmen in Europa durchgeführt hat. Unter den befragten Ländern misst Deutschland der Weiterbildung die höchste Bedeutung bei.

Drei Viertel der befragten Unternehmen in Deutschland sagten aus, dass Weiterbildung entscheidend zu ihrer Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Demgegenüber steht die Weiterbildung in Frankreich mit 35 Prozent an untergeordneter Stelle. Dennoch ist Deutschland, sowohl was dedizierte Weiterbildungsprogramme angeht als auch Strategie und Einsatz von E-Learning, in Europa Schlusslicht.

Trotz des Einvernehmens über den hohen Stellenwert der Weiterbildung an sich gaben die europäischen Befragten des „Skills Survey“ an, dass sie durchschnittlich lediglich 0,05 Prozent ihres Umsatzes in die Weiterbildung investieren. Ebenso weit klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander bei der Beurteilung der Fähigkeiten und Kompetenzen, die die Industrie künftig brauchen wird. Obwohl die meisten befragten Unternehmen sich darin einig sind, dass sie kollaboratives, verteiltes Arbeiten und Veränderungskompetenz als essentiell bei der Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter ansehen, beurteilen nur ein Viertel die in ihren Unternehmen vorhandenen Programme zur Schulung dieser Fähigkeiten als wirksam.

Deutschland schneidet beim Einsatz von E-Learning im europäischen Vergleich am schlechtesten ab. Nur 36 Prozent der deutschen Befragten gaben an, dass sie ein E-Learning-Programm etabliert haben – gegenüber 61 Prozent in Frankreich und 57 Prozent in Italien. „Gerade bei der Akzeptanz von E-Learning zeigen sich erhebliche Landesunterschiede“, bemerkt Professor Matthias Landmesser, Leiter der Personalentwicklung der IBM Deutschland GmbH. „In Deutschland stehen wir den neuen Lernformen besonders distanziert gegenüber. Dabei werden diese den Anforderungen unserer zunehmend mobilen, dynamischen Arbeitswelt und der rasanten technologischen Entwicklung gerecht. Bei IBM in Deutschland haben wir deshalb über die letzten beiden Jahre den Anteil von E-Learning-Kursen bei den Mitarbeiterschulungen kontinuierlich erhöht – auf mittlerweile über 40 Prozent. Das ermöglicht es uns, Mitarbeiter zeitnah, ortsunabhängig und für die aktuellen Geschäftsanforderungen zu schulen.“

Auch über den fachlichen Tellerrand hinaus ergeben sich neue Anforderungen. Zwei Drittel der befragten Firmen in Europa halten die Weiterentwicklung berufsübergreifender Fähigkeiten für wichtig – also Fähigkeiten, die ihre Mitarbeiter auch in funktions- oder fachfremden Tätigkeiten anwenden können. Zudem legt der Großteil der Befragten mehr Wert auf berufliche Fähigkeiten und eine praxisorientierte Weiterentwicklung als auf akademische Fähigkeiten.

Nach Meinung von Personal-Experten deuten diese Umfrageergebnisse darauf hin, dass sich Aus- und Weiterbildung auch in Deutschland grundlegend ändern müssen. „Die Entwicklung fachübergreifender Fähigkeiten muss stärker in die deutschen Bildungssysteme integriert werden. IBM interne Untersuchungen belegen, dass Mitarbeiter mit ausgeprägten überfachlichen Fähigkeiten, mit sozialer, personaler und methodischer Kompetenz, die besten Voraussetzungen für überdurchschnittlichen Berufserfolg haben, sagt Landmesser. „Fachwissen ist weiterhin eine notwendige, aber keinesfalls eine hinreichende Voraussetzung für eine erfolgreiche Berufslaufbahn. Unsere Bildungssysteme müssen sich künftig stärker am Bedarf der Wirtschaft ausrichten.“

„Letztlich ist die Innovationsfähigkeit der Menschen gefragt, denn durch die mobile Technik werden sich Lernprozesse verstärkt hin zu einem dialogorientierten und interaktiven Lernen verändern“, fügt Richard Straub, Direktor IBM Learning Solutions für Europa, Mittlerer Osten und Afrika, hinzu.

Quelle: bildungsklick.de


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 21.09.2004