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Arbeitslos macht arm

Berlin | Unter dem Label Hartz IV hat die rot-grüne Koalition eine weitere Runde des Sozialabbaus eingeläutet. Unbeeindruckt von Kritik. Zur Jahresmitte 2004 werden Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum so genannten Arbeitslosengeld II zusammengeführt. Der Druck auf Arbeitslose wird gleichzeitig erhöht.
Derzeit bekommen 1,5 Millionen Erwerbslose Arbeitslosenhilfe vom Bund. Und die Kommunen finanzieren 1,3 Millionen erwerbsfähige Sozialhilfebezieher. Die beiden Gruppen bekommen dann mit dem Arbeitslosengeld II einheitliche Leistungen. Die ehemaligen Arbeitslosenhilfebezieher erhalten somit künftig weniger. Für eine Übergangszeit sind zur Abfederung Zuschläge vorgesehen.
Der Bund beziehungsweise die Bundesanstalt für Arbeit sind dann zuständig für die Arbeitslosen und die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger, die Kommunen für die verbleibenden Sozialhilfeempfänger. Die Regierung beziffert die Aufwendungen für das zweite Halbjahr 2004 auf knapp 15 Milliarden Euro, für 2005 auf rund 26 Milliarden Euro. Von 2006 an sollen die Aufwendungen sinken, da mit intensiverer Vermittlung die Zahl der Leistungsempfänger schrumpfen werde. Aber Streit zwischen Bund und Ländern ist programmiert.
Das Bundeswirtschaftministerium meldet: "Für mehr Eigeninitiative und mehr Eigenverantwortlichkeit werden gezielt Arbeitsanreize und Sanktionen geschaffen. Beides wird transparent gestaltet und verstärkt. Damit wird der Grundsatz ‚Fördern und Fordern‘ konsequent umgesetzt." Wer zumutbare Arbeit ablehne, müsse mit Kürzungen der Geldleistungen rechnen. Zur Einstimmung der Öffentlichkeit hatte Wirtschafts-minister Wolfgang Clement Tage zuvor vermeintliche Faulenzer verbal heftig attackiert. "Bald hilft keine Ausrede mehr!" assistiert ihm die "Bild"-Zeitung.

Massive Verschlechterung

"Die Bundesregierung schiebt die Verantwortung für die hohen Arbeitslosenzahlen den Arbeitslosen zu. Und die Arbeitgeber verlangen mehr Druck auf die Arbeitslosen, ohne selbst in die Verantwortung genommen zu werden. Ergebnis: Hartz IV bringt massive Verschlechterungen besonders für die Langzeitarbeitslosen", kritisiert ver.di-Bundesvorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber. "Wenn Clement davon ausgeht, dass es sich um die Umsetzung des Hartz-Konzepts handelt, hat er es nicht gelesen, oder er versucht vorsätzlich, einen anderen Eindruck zu erwecken. Kollektive Leistungskürzungen waren damals abgelehnt worden. Die neuen Instrumente verkehren den Grundsatz Fördern und Fordern ins Gegenteil. Im Vordergrund steht jetzt: Fordern und Sanktionen!"
"Fast vier Millionen Menschen werden in Armut gestürzt, wenn die Arbeitslosenhilfe abgeschafft wird", ahnt Dorothee Fetzer, Sprecherin der gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppen. Nach ihrer Schätzung beziehen rund zwei Millionen Haushalte Arbeitslosenhilfe. 1,8 Millionen davon müssten künftig erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen.

aus: ver.di news, 14/2003 vom 23. August 2003




Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 20.08.2003